Parzival

Autor*in
Eschenbach, Wofram vonLaurin, Marit
ISBN
978-3-7725-2690-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Reichstein, Alexander
Seitenanzahl
295
Verlag
Freies Geistesleben
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Geschichte des tumben Toren, der zum König am Hofe des Grals wurde, ist 800 Jahre alt. Eschenbachs Versepos wurde behutsam entschlackt und in heute lesbare Prosaform gebracht, ohne eine moderne Sprache zu benutzen. Die zarten Negativzeichnungen Reichsteins erinnern an die naive Kunst des Mittelalters, die Bildsprache des Teppichs von Bayeux.

Beurteilungstext

Der Kern der alten Geschichte schält sich deutlicher aus dem mäandernden Epos heraus, als es ein junger Leser des 21. Jahrhunderts sonst in einer direkt ins Hochdeutsche übertragenen Form zu erkennen vermöchte. Die Welt der Ritter, in der sich Sage, Schlachtengetümmel, Gottgläubigkeit und die Götterwelt der Altvorderen treffen, ist allenfalls noch mit modernen Filmen wie Indiana Jones vergleichbar, es ist kein Zufall, dass der sich aus dieser Sagenwelt reichlich bedient. So naiv, wie Parzival in die Welt eintritt, kann heute kein Mensch mehr leben, so kriegerisch und blindlings draufschlagend wie der ältere Parzival aber auch nicht. Schon Wolfram von Eschenbach prangerte in seiner Geschichte die blindwütige Wucht der Helden an, die nur eine Rüstung auf dem Pferd sehen mussten, um ihr Panier zu fassen und drauflos zu reiten. Erst spät, manchmal eben auch zu spät, erkannten sie, dass sie im vermeintlichen Feind auch einen Freund, einen Verwandten gar treffen konnten. Das ist eben Schicksal. Dem Schicksal, dem was geschrieben stand, fühlten sie sich ohnehin hilflos ausgeliefert. Sie waren nur Figuren im Schachspiel der unfasslichen Welt Gottes. Gleichzeitig bewahrte sie der Glaube vor allzu großem Ungemach, wie es den Ungläubigen treffen konnte: Der ungläubige Feirefiz konnte den Gral erst erblicken, als er sich taufen ließ - das erinnert sehr an Glaubensauseinandersetzungen zwischen den Kulturen unserer Zeit, nur mit verändertem Vorzeichen.
Der Familienzusammenhalt war unerschütterlich, auch wenn man sich gar nicht persönlich kannte. Die verwandtschaftlichen Verflechtungen der Herrschenden des Mittelalters waren für keinen mehr durchschaubar. So ist vielleicht auch die verordnete Friedenspflicht unbedingt notwendig, damit sich die Helden nicht unentwegt gegenseitig ausrotten konnten.
Alles Handeln aber beherrscht die Liebe, die Minne, die zum Gral, die zur Ritterehre, die zur Familie. Die erst stellt das alles Verbindende dar, die erst ermöglich ein Fortbestehen, die ist das Gegenbild zum alles beherrschenden Feindbild, nur sie kann Kämpfe beenden, an ein Ziel führen.
Und hier liegt der Sinn der alten Sage, die Liebe ist dem Recht des Stärkeren überlegen.
Die Sprache des vorliegenden Buches in einer unbenamten Übersetzung hält klug die Balance zwischen der Sprache der Altvorderen und der der Modernen.
Die doppelseitigen Illustrationen vor jedem der sechzehn Bücher Parzivals sind zart, fast unscheinbar in weißen, dünnen Strichen vor hellgrauem Hintergrund und zeigen in der Bildsprache des 12. Jahrhunderts die Handlungselemente. Nur leider hat Alexander Reichstein ausgerechnet den Teppich, den Arturs Tafelrunde bei Treffen im Freien nutzte, als kostbaren Knüpfteppich gezeichnet: rechteckig. Er kann aber nur rund gewesen sein. Alle Mitglieder der Tafelrunde waren einander gleich, sie saßen immer in der TafelRUNDE, in der es keine Rangordnung geben kann.
Alleine schon, weil es wert ist, dieses Epos zu bewahren, ist es sinnvoll, PARZIVAL auf die Auswahllistes des LesePeters zu setzen. Cjh14.05

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010