Ödipus, das Findelkind

Autor*in
ISBN
978-3-89565-395-7
Übersetzer*in
Scheffel, Tobias
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Pommaux, Yvan
Seitenanzahl
48
Verlag
Moritz
Gattung
Buch (gebunden)Märchen/Fabel/Sage
Ort
Frankfurt
Jahr
2021
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Yvan Pommaux erzählt den Kindern die Geschichte von Ödipus, dem tragischen Held der griechischen Sage.

Beurteilungstext

Das umfangreiche Angebot an Kinderbüchern, die sich mit griechischen Sagen beschäftigen, zeigt, dass Kinder sich tatsächlich für diese geheimnisvollen, oft etwas gruseligen Themen interessieren. Deshalb ist es folgerichtig, dass sich der Autor nach „Odysseus“ und „Troja“ nun „Ödipus“ zuwendet.

Ein Opa wird im Buch von seinen beiden Enkeln gedrängt, die allerschrecklichste, die allerfurchtbarste der griechischen Sagen zu erzählen. Und das tut er und berichtet ihnen von Ödipus, Sohn von König Laios von Theben. Der wird vom Orakel gewarnt: „Dein Sohn wird dich töten und dann seine Mutter heiraten“ – woraufhin Laios das Baby in den Bergen aussetzen lässt. Es wird gerettet, wächst an einem anderen Königshof auf, doch die Prophezeiung erfüllt sich trotzdem. Ödipus tötet seinen Vater, befreit Theben von der Sphinx, heiratet seine Mutter und hat mehrere Kinder mit ihr. Als beide nach Jahren das Ausmaß der Tragödie erkennen, bringt die Mutter sich um, Ödipus blendet sich selbst und wandert fortan mit seiner Tochter / Halbschwester Antigone als Bettler durch die Welt.
Wahrlich keine leichte Kost für meine achtjährige Probandin, die trotzdem mit gruseligem Interesse die Geschichte verfolgt hat, nachdem sie schon von Odysseus begeistert war.
Der Autor schmückt das schreckliche Geschehen nicht aus, sondern hält den Erzählstil und seine Illustrationen sehr sachlich.
Das Buch fesselt, gibt Anlass zu viel Diskussionsstoff über Themen, die sonst im Alltag fast nicht vorkommen: Götter, Orakel, Sphinx, Vorherbestimmung, Schicksal.
Man kann überlegen, ob es nur durch Ödipus‘ unbeherrschte Wut zum Mord am Vater gekommen ist, ob er das Schicksal hätte wenden können, kann ihnen erklären, über welches Wissen die Menschen in der Antike verfügten und welche Schlussfolgerungen sie zwangsläufig nur ziehen konnten.
Insgesamt ein spannendes Buch, das etwas humanistische Bildung vermittelt, Kenntnisse der griechischen Geschichte vertieft und selbst für Erwachsene interessant ist.
Seien wir auf das nächste Buch des Autors gespannt, das sich vielleicht dem Schicksal von Antigone widmen könnte. Nach Aussage des Opas „noch gruseliger“ als das von Ödipus.

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Diese Rezension wurde verfasst von Pli; Landesstelle: Berlin.
Veröffentlicht am 15.06.2021