Ödipus das Findelkind

Autor*in
Pommaux, Yvan
ISBN
978-3-89565-395-7
Übersetzer*in
Scheffel, Tobias
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Pommaux, Yvan
Seitenanzahl
48
Verlag
Moritz
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Frankfurt
Jahr
2021
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Yvan Pommaux erzählt in seiner schon bekannten Art auch diese berühmte Sage der griechischen Antike – und bietet Einblick in tief empfundenes menschliches Leid.

Beurteilungstext

Nach den Sagen von Troja und Odysseus ist das Muster bereits bekannt. Die Enkel bedrängen den Großvater, eine Geschichte zu erzählen. Doch nun haben sie schon gelernt, dass die Geschichten des Großvaters selten gut ausgehen. Also drehen sie den Spieß um: Er soll die schlimmste aller Geschichten erzählen. Das ist natürlich die von Ödipus, dem Findelkind aus Theben, das auf wunderbare Weise seine Aussetzung überlebt und in Korinth am Königshof aufwächst. Den jungen Prinzen holt dann aber sein Schicksal ein. Nach einem Besuch beim Orakel in Delphi tötet er seinen Vater und führt schließlich – nach einer langen Zeit als König – ein elendes Leben als Bettler auf der Straße, das doch auch ein Glück sein kann.
Dabei ist der Weg durchaus gesäumt von Heldentaten. Ödipus besiegt durch Klugheit die schreckliche Sphinx, er wird vom Volk als König anerkannt, er möchte weise regieren, wird aber immer wieder von seiner Wut übermannt. Dass er überhaupt aus Korinth weggeht, hängt damit zusammen, dass er dem Schicksalsspruch des Orakels entkommen will. Doch die Unkenntnis über seine Herkunft werden für ihn zum eigentlichen dramatischen Schicksal.
Über allem stehen die Götter, die mit den Menschen spielen. Diese werden nicht gezeigt, nur als übergeordnete Instanz eingeführt. Das Zusammenspiel von Götterglauben, Wunderwelt und Schicksal wird für die Handelnden zu einem Geschehen, das unausweichlich und unmenschlich ist, in dem die Grundwerte des Zusammenlebens in Frage gestellt werden und monströses Unrecht seinen Platz bekommt. Nur ist das Zustandekommen eben nicht klar zuschulden zu lasten, es sind Verwirrungen, die die Menschen produzieren, die zum Üblen führen. Doch den Ausgangspunkt stellt immer wieder das Orakel dar, die Vorhersage der Zukunft, die von den Göttern inspiriert wird. So wird hier das antike Bild der Menschen als Schicksalsgemeinschaft auf drastische Weise vorgeführt – und die Lesenden bleiben zurück im Moment des Entsetzens, das sich angesichts so schrecklicher Vorfälle einstellt. Da ist es nur noch eine Randnotiz, dass der Großvater am Ende feststellt, die Geschichte von Ödipus‘ Tochter Antigone sei eigentlich noch schlimmer, und damit auch seiner eigenen Einschätzung vom Anfang widerspricht.
Die beiden Erzählebenen sind im Comicstil in einer Kombination aus Buntstift und digitaler Kolorierung gezeichnet. Die Figuren sind realistisch gehalten und nehmen in ihrer Gestaltung die körperlichen Idealvorstellungen der Antike auf. Auch die Szenenbilder entsprechen dem landläufigen Bild der antiken Welt Griechenlands. Dabei verzichtet Pommaux auf reißerische Bildinszenierungen, Sprache und Bild erzählen nüchtern und fast lakonisch. Dass die metaphysische Welt der Götter nicht gezeigt wird, betont am Ende doch die Eigenverantwortlichkeit der Menschen, die sich hinter allem Tun schließlich erkennen lässt und den universellen Sinn bestimmter Werte, die hier das Schicksal der Protagonist:innen bestimmen, hervorkehrt. Faszinierend und erschreckend schön – sehr zu empfehlen!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von mr; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 01.05.2021

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