Nenn mich noch einmal Jochanaan

Autor*in
Reinboth, Gudrun
ISBN
978-3-927655-58-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
192
Verlag
Metz
Gattung
Ort
Gaggenau
Jahr
2004
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
0,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der 13-jährige Jochanaan lebt in der Judengasse in Worms. Sein Vater hat ihn im Jahr 1335 nach einem Überfall gefunden und adoptiert. Als sich herausstellt, dass er das Kind christlicher Eltern ist, erheben sein Onkel und seine Großmutter Anspruch auf ihn. Da bricht die Pest aus und umherziehende Wanderprediger hetzen zu einem Pogrom gegen die Juden. Seine ehemaligen Eltern sterben und es gelingt dem jetzt Christoph genannten Jungen nur mit Mühe, wenigstens seine Schwestern wiederzufinden.

Beurteilungstext

“Lebendige Geschichte” überschreibt der Verlag die Buchreihe und das bietet dieser Band tatsächlich: Eine Geschichte aus dem Mittelalter, die leicht und unmittelbar miterlebbar ist. Dabei ist sie alles Andere als leicht. Der mittelalterliche Alltag, sowieso mit heute schwer vorstellbaren Verhältnissen belastet, bietet gerade für die Juden kurz nach den Kreuzzügen zusätzliche Erschwernisse. Man braucht sie zwar als Geldgeber, Kaufleute und Ärzte, doch sind sie auch immer leicht als Neidobjekte oder Sündenböcke nutzbar. Und die Bedingungen der Gettoisierung, Verfolgung und Unterdrückung waren auch 700 Jahre später kaum anders.
Aus diesem weit gespannten Bogen, den Parallelen zum III. Reich und den Nationalsozialisten, rührt ein Teil der intensiven Wirkung des Buches. Zwar werden die Ähnlichkeiten im Buch nicht benannt, die Parallelen entstehen erst im Kopf des Lesers, doch für die jugendlichen Leser ist beides Historie, einerseits längst vorbei und doch stets im Bewusstsein vorhanden - oder sollte es wenigstens sein. Diese Geschichte hilft dabei, erinnert an die fast ununterbrochene Leidens- und Verfolgungsgeschichte der europäischen Juden, ohne dabei den moralisierenden Zeigefinger zu heben oder ständig “Memento” zu murmeln.
Die Sprache hält dabei das schwierige Gleichgewicht zwischen Zeitbezogenheit und Verständlichkeit, nur selten fragt man sich, ob einige der “modernen” Gedanken der Protagonisten damals wirklich schon gedacht werden konnten, doch macht das die Erzählung nicht unglaubwürdig. Und beides, Zeitkolorit einer fernen Geschichtsepoche wie Diskussionen zu Menschenrechten, mal Juden und Christen, mal Frauen und Männer betreffend, reizen zum “Dranbleiben” an der Geschichte wie zur Vertiefung eigener Überlegungen.
Daher könnte man sich eine Verwendung im Deutsch- wie Geschichtsunterricht mit begleitender Detailarbeit sehr gut vorstellen. Die überschaubare Länge und das vielseitige Informationsspektrum des Buches verlocken geradezu zu solcher Nutzung. In jeder Hinsicht empfehlenswert!

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Diese Rezension wurde verfasst von bh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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