Mutter Krieg

Autor*in
ISBN
978-3-86869-757-5
Übersetzer*in
Küsters, Marcel
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
256
Verlag
Splitter
Gattung
Comic
Ort
Bielefeld
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
39,80 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eingebettet in eine Kriminalgeschichte entwerfen die Comickünstler Maël und Kris in „Mutter Krieg“ ein spannendes wie kritisches Sittengemälde der Zeit des Ersten Weltkrieges. Im Jahr 1915 werden in der französischen Chamapgne drei Frauen ermordet. Die Ermittlungen des Gendarmen Vialatte führen ihn direkt an die Front, wo seine idealistischen Überzeugungen mit der grausamen Kriegsrealität konfrontiert werden.

Beurteilungstext

In einem direkt an der Westfront gelegenem Dorf der französischen Champagne werden innerhalb kürzester Zeit drei junge Frauen ermordet. Da man einen Soldaten als Mörder vermutet und der Fall einiges öffentliches Aufsehen erregt, beauftragt das ortsansässige Militärkommando den Gendarmen Leutnant Vialatte mit den Ermittlungen. Dieser konzentriert seine Nachforschungen auf eine kleine Kompanie von Soldaten, die direkt aus dem Gefängis rekrutiert wurden, nun an vorderster Front als Kanonenfutter dienen und sich dessen auch bewusst sind.

Nur auf den ersten Blick scheint es möglicherweise unglaubwürdig, dass einige wenige Mordfälle in einer Zeit, in der das Töten zur patriotischen Pflicht eines jeden Soldaten erklärt wurde und auch sieben Millionen Zivilisten infolge der Kriegshandlungen ihr Leben verloren, einen ganzen Generalstab in Aufregung versetzt, der alles daran setzt, den Täter zu fassen. Doch gerade in solch scheinbar anomischen Zeiten wie zu der des Ersten Weltkrieges war der politischen und militärischen Führung kaum daran gelegen, dass sich die Leidenschaften und Triebe der Menschen überall so zügellos und ungehemmt entluden, wie es dem grausamen Treiben auf den Schlachtfeldern entsprach. Zwecks Aufrechterhaltung der öffentlichen Moral wurden diejenigen, die dem Aufruf zum kollektiven Töten der „Erzfeinde“ nicht folgten und „Fahnenflucht“ begingen, genau so verfolgt und bestraft, wie die, die aus niederen Motiven und nicht für die Staatsräson mordeten.

Maël und Kris zeigen mit dem Comic auf, was der Krieg aus den Beteiligten machte, wie sie traumatisiert wurden angesichts der Skrupellosigkeit, mit der man Millionen Menschen auf dem Altar von Nation und Imperium opferte. Hervorzuheben ist v.a. die Qualität der Zeichnungen Maëls; jedes einzelne Panel scheint ein Gemälde für sich zu sein, detailreich und mit genau abgestimmter Farbgebung. Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner zeichnerischen Qualität läuft der Comic allerdings das ein oder andere Mal Gefahr, den Schrecken des Krieges zu ästhetisieren. Figurendarstellung und -konstellation fallen bei weitem nicht so postheroisch aus wie etwa in Jacques Tardis Meisterwerk „Grabenkrieg“, das auch in der Frage der Konstruktion kultureller Identitäten in Text und Bild wesentlich reflexiver und kritischer vorgeht als „Mutter Krieg“. Insgesamt handelt es sich jedoch um einen spannend zu lesenden Kriminalcomic, der die Geschehnisse des Ersten Weltkrieges nicht als billige Kulisse missbraucht, sondern die oben geschilderten Morde, begangen von einem Individuum, in Beziehung setzt zum allseits respektierten kollektiven Töten in den Schützengräben.

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Diese Rezension wurde verfasst von mz.
Veröffentlicht am 01.01.2010