Mitternachtsclowns

Autor*in
Howard, J.J.
ISBN
978-3-7855-7887-2
Übersetzer*in
Komina, JessikaKnuffinke, Sandra
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Umschlag: Trotzner, Franziska
Seitenanzahl
272
Verlag
Loewe
Gattung
Ort
Bindlach
Jahr
2015
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters ist die minderjährige Lexi von einem auf dem anderen Tag mittel- und obdachlos. Sie muss ihre Mutter suchen, die sie als Kind verließ. Sie soll zuletzt bei einem Wanderzirkus im Süden der USA gewesen sein. So verlässt Lexi New York und ihre Vergangenheit. Dafür findet Lexi einen Wanderzirkus, nicht aber ihre Mutter. Lexi bleibt bei dem Zirkus, der ihr Zuflucht gewährt. Die New Yorker Vergangenheit lässt jedoch nicht ruhen, denn Liebeskummer verfolgt sie.

Beurteilungstext

Die Ausgangssituation verwundert sehr. Man fragt sich wie es sein kann, dass ein Kind in dieser Situation im Stich gelassen wird. Das kann keine Realität sein, auch nicht in Amerika.
Ihre Schule weigert sich, Lexi trotz bezahltem Schulgeld weiter als Schülerin zu akzeptieren, nur weil sie keine Einverständniserklärung eines Elternteils vorweisen kann und ihre Mutter hat Lexi seit Jahren nicht mehr gesehen oder gesprochen. Als sie auch noch bei ihren Freunden auf eine eisige Mauer der Zurückweisung stößt, beschließt sie in ihrer Verzweiflung ihre Mutter zu suchen.
Lexi hat nie verstanden warum die Mutter sie verlassen hat und ihre Beziehung zur Mutter ist hierdurch negativ geprägt.
Ihre Reise führt sie nach Florida zum Zirkus. Dort lernt sie ein Leben und Menschen kennen, die ihr etwas bieten, was sie bis dahin nicht gekannt hat: Aufmerksamkeit und einen Platz im Leben.
Lexi findet den Zirkus, in dem ihre Mutter einst gearbeitet hat. Dort findet Lexi Unterschlupf, erhält einen Job nach dem anderen und findet neue Freunde. Sie freundet sich mit den Trapezartistinnen Lina und Liska und mit mehreren anderen der Zirkusleute an. Nach kurzer Zeit fängt sie als Wahrsagerin an.
Das ist plötzlich wieder zu viel des Guten! Kann ein Mensch so viel Glück haben? Der Zufall behält sich in der Geschichte noch weitere Überraschungen vor.
Ihre Suche nach ihrer Mutter gestaltet sich anders als Lexi gehofft hatte, doch dafür findet sie etwas ganz anderes. Letztlich muss sie sich entscheiden: Zirkus oder College?
Das Mädchen selbst steckt in einer schwierigen Lebensphase, was man ihr deutlich anmerkt. Sie ist auf der Suche nach Anerkennung und Liebe und macht erste Erfahrungen mit Jungs. Gleich mehrere scheinen ihr zu Füßen zu liegen.
Obwohl noch ein Teenager, regelt die Hauptfigur im Grunde all das, was eigentlich ihr Vater regeln sollte. Der ist jedoch als Musiker nicht wirklich alltagstauglich. So wird Alexandra auf etwas ungewöhnliche Weise großgezogen. Ihr persönlicher Stil aus leicht altmodisch und ein bisschen Hippie tut ein Übriges, um sie zu einer Mischung aus unsichtbar und ungewöhnlich zu machen.
Hat Lexi zu Beginn des Romans also sehr viel Pech, so holt sie das Glück schnell wieder ein. Hierdurch wirkt das Buch wenig realistisch, sondern mutet an wie eine große Träumerei. Vielleicht ist es auch genau das, was die Autorin J.J. Howard hier wiedergeben wollte, eine traumhafte Geschichte, aber dafür hätte sie dann einfach noch träumerischer sein sollen. Der Schicksalsschlag, der Lexi zurückwirft, ist schnell vergessen und ein neues Leben steht perfekt gestaltet parat.
Diese Wendung ist an vielen Strecken zu viel des Guten und auch der Sinn dieser Entwicklung bleibt bis zum Ende des Buches verborgen.
Die Geschichte hat neben der Hauptgeschichte viele kleine Nebenlinien. Vieles ist weniger von Interesse, aber nicht langweilig. Es passiert meistens nicht viel, außer dem ganz normalen Teenagerleben. Im Bezug auf den Titel „Mitternachtsclown“ könnte man neigen sich eine spannendere Handlung vorzustellen.
Letztlich geht die Handlung nirgends in die Tiefe. Vieles wird nur oberflächig erzählt.
Die Kapitel führen den Leser abwechselnd durch die Gegenwart und ihre vergangenen Monaten mit zeitlich ungeordneten Abschnitten.
Man erfährt, wie ihr Schulalltag aussieht, wie sie sich fühlt, was sie vermisst und wie sie schließlich ihren eigenen Weg anfängt zu gehen. J.J. Howard hat einen klaren und kurzen Schreib- und Wortstil, auch wenn ihr Tonfall für ein Jugendbuch etwas matt erscheint. Das Lesetempo ist fließend, auch wenn die Geschichte an manchen Stellen ein bisschen eigenartig ist und die Figuren ziemlich abgeklärt erscheinen. Eine gewisse Distanziertheit bleib jedoch zwischen Leser und Hauptfigur.
Vielleicht ist es das, was den seltsamen Reiz dieses Romans ausmacht. Die Gegensätzlichkeit von Distanz und Wärme, die doch unterschwellig entsteht. Hier wird der plötzliche Verlust eines geliebten Menschen auf sensible aber leicht entrückte Weise behandelt, der daraus resultierende Schmerz eines Teenagers nur schemenhaft aber doch wahrnehmbar dargestellt.
Die Autorin zeichnet hier Charaktere auf das Papier, die sehr unterschiedlich sind und trotzdem auf eine gewisse Art gut miteinander harmonieren – solange sie alle mehr oder weniger Kompromisse eingehen. Zumindest was die New Yorker Welt von Alexandra angeht. Wie viele sie dort eingegangen ist und wie sehr ihr diese gegen den Strich gingen, erkennt Alexandra erst, als sie sich von jetzt auf nachher von allen alleingelassen sieht und sich in die ihr fremde Welt des Zirkus begibt. Dort sind die Menschen zwar nicht zugänglicher, aber sie verstellen sich nicht und nehmen ihre Mitmenschen, wie sie sind. Den Wandel, den die Charaktere in diesem Roman durchlaufen, stellt die Autorin auf interessante und eigenartige Weise dar.
Der Schreibstil ist einfach und verständlich gehalten. So können auch jüngere Leser das Buch ohne Probleme verstehen.
Manche Handlungen waren im Buch nicht schlüssig. Manche Ereignisse wurden zum Schluss hin zu schnell abgehandelt.
Für das jugendlichere Publikum ist das Buch eine gute Lektüre. Für ältere Leser könnte es zu unspektakulär wirken. Die Handlungen sind oft zu einsilbig und können im Handlungsverlauf nicht überzeugen. Es ist eine leichte Geschichte an deren Ende sich die Probleme gut auflösen. Damit ist das Ende einfach zu perfekt. Alles ist dann wieder gut…
Mit Sicherheit ist es kein gewöhnliches Jugendbuch, das sich der gängigen Masse einordnet. Aber wer etwas gedämpfte Töne, die schillernde Welt des Zirkus als Hintergrund und eine zurückhaltende Hauptfigur interessant findet, der wird hier sein Lesevergnügen haben.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Veröffentlicht am 16.03.2016