Mit Worten kann ich fliegen

Autor*in
Draper, Sharon M.
ISBN
978-3-7641-7010-3
Übersetzer*in
Schröer, Silvia
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
317
Verlag
Gattung
Ort
Berlin
Jahr
2014
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die schwerbehinderte Melody ist 11 Jahre alt und hat noch nie ein Wort gesprochen. Warum? Sie ist mit Zelebralparese auf die Welt gekommen. In diesem faszinierenden, berührenden Jugendroman bekommt sie eine Stimme und erzählt ihre ergreifende Geschichte…

Beurteilungstext

""Worte sind schon immer um mich herumgewirbelt wie Schneeflocken"" denkt die 11jährige Melody. die weder sprechen noch laufen kann. Sie ist an den elektrischen Rollstuhl gefesselt, kann sich nicht artikulieren, nicht ohne Hilfe essen und trinken. Sie sabbert, und wenn sie aufgeregt ist, kickt sie unkontrolliert mit den Beinen. Aber sie wächst in einem liebevollen Umfeld auf, mit Eltern, die ihr behindertes Kind so annehmen, wie es ist, und mit einer Nachbarin, Mrs. V., die dem Mädchen Mut macht und zu ihm steht.
Dieser Jugendroman wagt den Schritt, seine Leser in die Innenperspektive dieses schwerbehinderten Mädchens zu entführen, indem ein homodiegetischer Erzähler aus seinem Leben berichtet, davon, was es denkt und fühlt. Eindrucksvoller kann man sich dem Thema Inklusion wohl kaum nähern. Melody geht in eine Integrationsklasse, doch - außer ihren Eltern, Mrs. V. und der persönlichen Assistentin Catherine - glaubt zunächst niemand an die Intelligenz des Mädchens, die Lehrer nicht, die Mitschüler nicht. Stillschweigend schließen sie von der körperlichen auf eine geistige Behinderung. Dass davon keine Rede sein kann, stellt Melody schließlich, in der Buchmitte, durch einen Medi-Talker unter Beweis, mit dem sie sich endlich ausdrücken kann, der ihr die Worte gibt, die ihr so lange fehlten. Das hat zur Folge, dass Melody sich an einem schulischen Quiz beteiligen kann und ihrem Team zum Gewinn verhilft. Doch in einem schmerzhaften Erkenntnisprozess muss das Mädchen registrieren, dass es immer eine Außenseiterin bleiben wird. Das Gefühl der Ausgrenzung erreicht einen Zenit, als Melody einfach zurückgelassen wird, als das Team nach Washington zum Endausscheid des Quiz fliegt, obwohl sie doch der hellste Kopf in der Gruppe ist.
Aber Melody lässt sich nicht unterkriegen, sie ist stark und schafft es, ihre Behinderung anzunehmen und zu akzeptieren, was sicherlich an dem liebevollen Rückhalt liegt, den sie durch ihre Familie erfährt.

Sharon M. Draper ist mit diesem Roman ein ganz besonderes Buch gelungen, dessen Lektüre man nicht so schnell vergisst. Das liegt vor allem an dem gelungenen Kunstgriff, Melody selbst erzählen zu lassen. Dadurch entsteht ein authentisches und ergreifendes Bild der Lebenssituation des behinderten Kindes. Zwar ergeben sich einige Ungereimtheiten, z.B. dass die Ich-Erzählerin vorgibt, Erinnerungen an die Zeit zu haben, als sie noch kein Jahr alt war (S.17) oder das Ziehen des Kinderrollstuhls über Treppen wie ein kaum zu bewältigender Kraftakt beschrieben wird (S.252). Aber insgesamt handelt es sich um eine glaubwürdige Darstellung, die sich vor allem auf Melodys Innenleben bezieht, ihre Gedanken und Gefühle.

Die in den USA vielfach ausgezeichnete Autorin Sharon M. Draper stand mit diesem Buch zu Recht auf der Bestsellerliste der New York Times, wie es der Klappentext verrät.
Auch der deutschen Übersetzung des Textes sind viele Leser zu wünschen - erwachsene, kindliche und jugendliche. Sofern man sensibel mit dem Buch umgeht, kann es sicher auch eine geeignete Klassenlektüre in Inklusionsklassen sein. Der Roman bietet viele Gesprächsanlässe über die Themen Behinderung und Ausgrenzung. Auch in literarästhetischer Hinsicht ist der Roman gelungen, denn er bedient sich einer poetischen, zuweilen fast lyrischen Sprache, die an die Liebe der Protagonistin zur Sprache gebunden ist, wie schon der Auftakt des Buches illustriert: ""Worte. Ich bin umringt von Tausenden von Worten. Vielleicht Millionen […} Worte sind schon immer um mich herumgewirbelt wie Schneeflocken - ein jedes zerbrechlich und einzigartig, ein jedes schmilzt unberührt in meinen Händen"" (S.7).

Fazit: Ein wunderbares, berührendes Buch mit einer Protagonistin, an die man noch nachts im Bett denkt.

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Diese Rezension wurde verfasst von kku.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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