Mein Bruder und ich und die Katze im Wald
- Autor*in
- Schubiger, Jürg
- ISBN
- 978-3-7795-0649-2
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Muggenthaler, Eva
- Seitenanzahl
- 24
- Ort
- Wuppertal
- Jahr
- 2021
- Lesealter
- 6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 15,00 €
- Bewertung
Teaser
Eine großartige Kürzestgeschichte von innerer und äußerer Verwandlung, wunderbar inszeniert von einer Meisterin der Illustration, Eva Muggenthaler.
Beurteilungstext
Jürg Schubiger ist bekannt für seine Kurz- und Kürzestgeschichten, ein Liebling der Deutschlehrer*innen, weil seine Geschichten moderner sind als die Kurzgeschichten der Gruppe 47. Und weil sie wunderbar anschlussfähig sind an Denk- und Sichtweisen von Kindern, sie zum Denken anregen.
Die Geschichte im hier verhandelten Bilderbuch scheint von zwei Brüdern zu handeln, die im Wald eine Katze finden, die sich verlaufen hat. Die Brüder wollen der Katze helfen, verwandeln sich zunächst in einen Wolf, dann in eine Spinne, schließlich in eine Brieftaube mit Brief - doch die Katze lässt sich nicht helfen, verwandelt sich in ein Mädchen und finden nun eine gemeinsame Ebene mit den Jungen auf dem Weg nach Hause: "Unterwegs gewöhnten wir uns an das Mädchen." Schubiger schreibt in wenigen kurzen Sätzen die Handlung aus der Perspektive des einen Bruders nieder, stilistisch bleibt das Verwandeln weitgehend unkommentiert; wir als Lesende dürfen also darüber nachdenken, warum sich die Brüder überhaupt verwandeln und warum ausgerechnet in diese Tiere. Aufgeladen werden diese Deutungsmöglichkeiten durch ihre intertextuelle und symbolische Offenheit: Wolf = Märchen? Taube = Friedenstaube? Um nur zwei Beispiel zu nennen.
Schafft der Text an sich eine hohe Deutungsoffenheit, mutet uns eine ernsthafte Absurdität zu, so nutzen die Illustrationen von Muggenthaler diese Deutungsoffenheit und Absurdität auch in den Illustrationen. Zweidimensionale Raumflächen werden in die Doppelseiten gestellt, ein wenig wie Plakate, und miteinander durch Figuration und Requisiten miteinander verbunden. Pluriszenisch erleben wir dadurch z. B. die Verwandlungsversuche zum Wolf, die in verschiedenen Darstellungen nicht ganz gelingen mögen: Mal ist der Körper weitgehend Wolf, das Gesicht nicht, mal ist es umgekehrt und selbst am Ende steckt ein Fuß des Wolfes noch in einem roten Gummistiefel. Verkehrsschilder scheinen einen Regelbedarf anzuzeigen, sind aber selbst von der Natur umschlungen, die wiederum zum Teil auf Grundbuchblätter gemalt wurde. Übergänge sind ein nahezu durchgängiges Thema in den Bildern - und das entspricht dem Text wunderbar. Als Lesende und Betrachtende sind wir zum Entdecken aufgefordert, können manches ordnen - so scheint manches Requisit, das nicht so recht in die Szene passt, aus dem Schulranzen zu kommen. Eine Bank mit Pilzen als "Besetzerinnen" scheint die Szene zu beobachten, ein "Vermisstzettel" auf vielen Illustrationen zeigt an, dass die Katze/das Mädchen vielleicht tatsächlich zu Hause erwartet wird. So arbeiten die Bilder letztlich ähnlich wie der Text, indem sie ein Überangebot an Deutungshinweisen geben, denen man nachgehen kann oder auch nicht.
Text und Illustration arbeiten gemeinsam, ähnlich und doch grundverschieden an Deutungsoffenheit und Interpretationsvielfalt. Damit eignet sich dieses Buch hervorragend für die Arbeit im Deutschunterricht, gerade auch, um die Unabschließbarkeit des Sinnbildungsprozesses wahrnehmen und aushalten zu können.