Mehr als nur ein Zeuge

Schlagwörter

• Flucht
• Tod/Sterben

Teaser

Tyler wird Zeuge eines Mordes, an dem sein bester Freund Arron beteiligt ist. Immer wieder wird er von der Polizei verhört und soll als Hauptbelastungszeuge im Prozess aussagen, doch der Mörder will das verhindern, so dass Tyler mit seiner Mutter nach einem Anschlag auf ihre Wohnung ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird. Mit einer neuen Identität ausgestattet, beginnt er mit seiner Mutter in einer Kleinstadt ein neues Leben - doch die Bedrohung bleibt...

Beurteilungstext

Tyler und seine Mutter bekommen nicht nur eine neue Identität, sondern auch ein verändertes Aussehen und eine neue Lebensgeschichte. Aus dem verschüchterten Außenseiter Tyler wird der coole, sportliche Joe, den alle Mädchen an seiner neuen Schule anhimmeln. In den ersten Wochen finden sich Tyler/Joe und seine Mutter nur schwer mit der neuen Situation zurecht, vor allem, weil sie keinen Kontakt zu ihrer Familie aufnehmen dürfen und die Polizei nichts von ihren Ermittlungen preis gibt. Immer wieder wird Tyler/Joe verhört, da die Polizei glaubt, er würde etwas verschweigen. Tyler/Joe lebt sich indessen immer besser ein, findet Freunde, entpuppt sich als Lauftalent und bekommt Sondertraining von Ellie, einer im Rollstuhl sitzenden jungen Frau, die für die Paralympics trainiert. Doch Joe gerät immer wieder in Schwierigkeiten, kann seine Wut über die Situation nicht immer kontrollieren und muss ständig auf der Hut sein, seine wahre Identität nicht zu verraten, während der Mörder einen Weg findet, sie aus der Deckung zu locken: Mit einem brutalen Überfall auf seine geliebte Oma...
Keren Davids Debütroman “Mehr als nur ein Zeuge” wirft den Leser direkt hinein in das Geschehen. Stück für Stück erfährt er mehr über Tylers Beteiligung an dem Mord und der Vorgeschichte, während er gleichzeitig an Tylers/Joes schwerer Eingewöhnung in das neue Leben teilnimmt. Was wie ein spannender Thriller beginnt, wird jedoch mehr und mehr zum Adoleszenzroman mit einer Hauptfigur, die Schwäche zeigt und auf dem Weg ist, sich selbst zu finden - was unter den gegebenen Bedingungen maßgeblich erschwert wird. Die eigentliche Bedrohung und die Gründe für das Zeugenschutzprogramm treten leider nach und nach eher in den Hintergrund, so dass die Spannung nachlässt. Der Charakter von Tyler/Joe ist glaubwürdig dargestellt, vor allem seine Schwierigkeiten mit der neuen Identität, die ihn manchmal zweifeln lässt, wer er nun eigentlich ist. Allerdings hätte seine Extremsituation, die enorme Anspannung, die quälenden Selbstzweifel und der hohe Druck, der auf ihm lastet, auch noch deutlicher herausgearbeitet werden können. Andere Figuren wie seine junge Mutter, Ashley oder Claire bleiben hingegen blass und eindimensional - auch die Beziehungen zu der Hauptfigur Tyler/Joe sind zu oberflächlich und die Absichten teilweise allzu offensichtlich. Die Sprache kommt zwischenzeitlich etwas holperig daher - vor allem, wenn Keren David versucht, Jugendsprache zu imitieren.
Trotz mancher Schwächen vor allem in der Spannungskurve ist “Mehr als nur ein Zeuge” ein gutes Jugendbuch mit sympathischen Figuren.