Mauern. Zehn Geschichten, um sie zu überwinden

Autor*in
Reynolds, Michael (Hrsg.)
ISBN
978-3-941087-69-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Wagenbreth, Henning
Seitenanzahl
96
Verlag
Jacoby & Stuart
Gattung
Ort
Berlin
Jahr
2009
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Zum zwanzigjährigen Jubiläum des wohl spektakulärsten Mauerfalls in der Geschichte gibt Michael Reynolds eine Anthologie von Mauergeschichten heraus, die daran erinnert, dass die meisten Mauern dieser Welt nach wie vor unangetastet stehen können, und dass es häufig eher die Mauern in den Köpfen sind, die der Versöhnung der Menschen im Weg stehen.

Beurteilungstext

Der Mauerfall in Berlin im Herbst 1989 bewegte die Welt. Fast schien es, als wenn nun endlich ein goldenes Zeitalter anbrechen sollte. Dass es nicht so gekommen ist, wird nach zwanzig Jahren ohne Mauer deutlich. Michael Reynolds erinnert daran mit seiner Anthologie "Mauern", die mit dem Untertitel "Zehn Geschichten, um sie zu überwinden" einen hohen eigenen Anspruch formuliert.
Der Leser findet hier zehn kurze Geschichten gänzlich unterschiedlicher Autoren. Neben deutschsprachigen Literaten wie Max Frisch und Heinrich Böll kommen auch Schriftsteller aus ganz verschiedenen Ecken Europas zur Sprache, so zum Beispiel Miklos Vamos, Jiri Kratochvil, Elia Barcelo oder Didier Daeninckx.
In ihren Geschichten geht es immer um Mauern, nie jedoch vordergründig um die in Berlin. Es sind Geschichten, deren Handlung teils vor 1989 und teils nach 1989 spielt, und teils gänzlich losgelöst von unseren Zeit- und Ortvorstellungen zu entdecken ist. Doch haben Daten offensichtlich keine Relevanz für die Mauern der Welt. Denn die meisten Mauern, so die These der Autoren, stehen nicht in der wahrnehmbaren Wirklichkeit, sondern sie sind vielmehr Teile unsere Denk- und Vorstellungswelten. Mauern werden in den Texten immer dort überwunden, wo Menschen nicht mehr in exklusiven Kategorien denken möchten; wo Menschen aktiv werden und sich über die Trennungen hinwegsetzen. Und sie bleiben überall dort bestehen, wo Begegnung zur Etikette verkommt und der Andere in den Blicken des Einzelnen fremd bleibt.
Die Geschichten sind allerdings keine Handlungsanweisungen. Sie sind Denkanstöße, über das Wesen der Welt nachzuforschen, Ordnungen und Denkwelten in Frage zu stellen und am Beispiel auch das Undenkbare auszuprobieren. Insofern sind sie weniger Wegweiser, als Herausforderung, bei der Suche nach sinnvoller Orientierung. Besonders Jugendlichen auf dem Weg zu einer eigenen Identität sollten sie interessante Gesprächsanlässe bieten, gerade in Zeiten von Euphorie, Vergangenheitsverherrlichung und Historisierung, wie man sie derzeit wieder im Zusammenhang mit dem Mauerfall erleben kann.
Henning Wagenbreth hat die Geschichten reich bebildert. Die seltsamen Szenarien seiner Kunstwerke wirken reduziert und schablonenhaft. Gerade die Menschen verlieren in den dargestellten Situationen oft ihren menschlichen Charakter und werden eher zu Elementen, die funktional auf ihren Handlungspart reduziert scheinen. Diese Bilder, die nachhaltig faszinieren, bieten einen guten roten Faden durch den Band mit den sonst äußerst unterschiedlichen Geschichten.

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Diese Rezension wurde verfasst von mr.
Veröffentlicht am 01.01.2010