Martin & Jack. Von Hundebesitzern, Katzenjägern und der Suche nach dem Glück

Autor*in
Nilsson, Frida
ISBN
978-3-8369-6276-6
Übersetzer*in
Buchinger, Friederike
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Kuhlmann, Torben
Seitenanzahl
372
Verlag
Gerstenberg
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Hildesheim
Jahr
2024
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
22,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Frida Nilsson ist durch ihre besondere Erzählweise bekannt („Siri und die Eismeerpiraten, „Frohe Weihnachten, Zwiebelchen!“). In der Tradition Astrid Lindgrens entwirft die schwedische Autorin narrative Welten, die zwischen Realität und Fantastik changieren. In „Martin und Jack“ erhebt sie die Hundefiguren in die menschliche Gesellschaft im Jahr 1910 und kreiert eine einzigartige Mischung aus Zeitgeschichte, Fantastik, Gesellschaftskritik, Spannung und feinsinniger Komik. Ein unglaublich vielschichtiger Kinderroman, dessen Facettenreichtum sich kaum fassen lässt.

Beurteilungstext

Die Handlung von Frida Nilssons Kinderroman ist im Jahr 1910 angesiedelt. Der Ich-Erzähler Martin wächst bei einem Bauern auf, der ihn nicht gut behandelt. Seine Mutter ist an Schwindsucht gestorben, seinen Vater kennt er nicht. Als der Bauer eines Tages den einäugigen Hund Jack vom Hof jagt, schließt Martin sich ihm an. Er ist entschlossen, seinen Vater zu finden, und es beginnt eine abenteuerliche Reise. Durch die Konzeption der Hundefiguren in der narrativen Welt vermischen Fantastik und Realistik. Diese sprechen und agieren wie Menschen, sind aber als Personen zweiter Klasse degradiert, z.B. wurden sie von der Wahlrechtsreform ausgeschlossen, was den hochgradig politischen Jack sehr empört. Jack ist sehr belesen und hängt stark an einem Satz alter Zeitungen, den er in einer zerschlissenen Reisetasche mit sich herumträgt. Nicht zuletzt diese Figurenkonzeption vereint überbordende Komik mit politischer und zeithistorischer Gesellschaftskritik. Martin und Jack werden enge Freunde in einer historischen Welt, in der der Kampf der Klassen tobt. Stationen artig erleben sie auf ihrer Abenteuerreise eine unerhörte Begebenheit nach der anderen. Jede Situation dieses handlungsaktiven Romans entfaltet eine ureigene Komik und reflektiert fortlaufend die Frage nach der Gerechtigkeit im zwischenmenschlichen Zusammenleben. Martin und Jack bleiben nicht allein, andere Hunde schließen sich ihnen an, die sich befreien aus den Zwängen der Degradierung – bis Jack verhaftet wird, weil man ihn der Kindesentführung bezichtigt. Er landet im Zuchthaus, aus dem Martin, der in der Zwischenzeit seinen alkoholabhängigen Vater gefunden hat, ihn unbedingt befreien möchte. Das gelingt zwar, dennoch gibt es für Jack – so viel sei hier verraten – kein Happyend. Nicht nur das ist ungewöhnlich für einen Kinderroman, dieser ist es in seiner gesamten Anlage, seiner Erzählkraft und seiner Vielschichtigkeit. Die Komik lädt nicht nur zum Schmunzeln ein, sondern lässt Lesende in herzhaftes Gelächter ausbrechen, die Spannung ist enorm, die Figuren hochgradig komplex und die Erzählinstanz fordert zur Reflexion über Erzählen und Erzähltes auf. Allein der Blick auf die integrierten Lieder, welche die Hunde singen und die als Scharnierstücke zwischen den beiden großen Erzählteilen des Romans fungieren, fordert die mehrfache und genaue Lektüre heraus, bei der sich dann viele Bedeutungsschichten offenbaren: „der alte Gassenhauer ‚Drum denk an die Zeit‘. Das Lied fängt so an: ‚Sag, wie alt ist deine Hündin, grau wird langsam schon ihr Fell.‘“ (S. 134)
Torben Kuhlmann hat diesen wunderbaren, besonderen Kinderroman mit passenden Vignetten ausgestattet, Friederike Buchinger ist eine fulminante Übersetzung gelungen.
Eine solche Vielschichtigkeit findet sich in der erzählenden Kinderliteratur nur selten. Für mich tatsächlich der beste Kinderroman, den ich in diesem Jahr gelesen habe. Zum Einsatz als Klassenlektüre mag er vielleicht fast zu dick und komplex sein, dabei evoziert er literarisches Lernen von der ersten bis zur letzten Seite. Ganz großes Kino!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Kirsten Kumschlies; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 01.12.2024

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