Man wird doch wohl mal wütend werden dürfen
- Autor*in
- Tellegen, Toon
- ISBN
- 978-3-446-24677-5
- Übersetzer*in
- Pressler, Mirjam
- Ori. Sprache
- Holländisch/Niederlä
- Illustrator*in
- Boutavant, Marc
- Seitenanzahl
- 80
- Verlag
- Hanser
- Gattung
- –
- Ort
- München
- Jahr
- 2015
- Preis
- 14,90 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
12 kurze Geschichten über Wut, Zorn und Unnachgiebigkeit.
Beurteilungstext
Wut ist nicht gleich Wut, das weiß jeder spätestens nach der Lektüre von Toon Tellegens "Man wird doch wohl mal wütend werden dürfen". Der Autor bricht darin eine Lanze für dieses mächtige, aber häufig schlecht angesehene und meist unerwünschte Gefühl. In zwölf kurzen Geschichten beleuchtet er einfallsreich und humorvoll die verschiedenen Formen der Wut. Seine Protagonisten dabei sind Tiere, die ganz unterschiedlich mit diesem Gefühl umgehen. Während der Igel noch nie wütend war und nach Methoden sucht, das Gefühl auszuprobieren, verkauft der Krebs als Vertreter verschiedene Wutsorten direkt an der Haustür aus seinem Koffer heraus: eine dünne hellrote Wut, die schnell wieder vergeht, einen runzeligen grauen Ärger, grünlichen Zorn, doch die Maus entscheidet sich für die eigentlich unverkäufliche hellblaue und durchsichtige Wehmut. Der Regenwurfm und der Käfer streiten in größter Wut darüber, wer von beiden wütender werden kann, um am Ende nach langen Wettstreit zusammen die Abendstille zu genießen. Jede Wut ist eben anders, manche ist so seltsam und gefährlich, wie die des Erdferkels, sodass das Eichhörnchen lieber das Weite sucht und das wütende Tier sich selbst überlässt, manche ist so hoffnungslos, wie die Wut des Klippschliefers, der sich täglich über die Sonne ärgert, weil sie einfach jeden Abend untergeht. Nicht alle Geschichten sind von der gleichen Intensität, doch alle geben Anlass zum Gespräch und laden ein, über die eigene Wut in unterschiedlichen Situationen nachzudenken, oder auch darüber, wie mit der Wut eines anderen umgegangen werden kann. Der humorvolle Ton der Texte und die Absurdität mancher Situation inspirieren und motivieren zum wertfreien Spiel, in dem das unangenehme, übermächtige oder gar verbotene Gefühl der Wut seine Berechtigung hat und erprobt werden darf. Nach der gemeinsamen Lektüre lassen sich sehr gut kleine Rollenspiele mit Kindern der unteren Klassenstufen entwickeln.
Perfekt ergänzt werden die Texte durch die schönen Illustrationen von Marc Boutavant. Für die vielen Arten der Wut erfindet er eine breite Palette an Strukturen und Oberflächen: Fell, Federn, Laub, Stein, Wald- und Wiesenstücke, fein und sinnlich gezeichnet laden sie zum teilnahmsvollen Nachempfinden ein. Eine laute, leuchtende Farbigkeit, die an die 60er Jahre erinnert, wechselt sich ab mit stillen Bildern in zurückhaltendem Grau und Schwarz. Trotz der Reminsiszenz der Farbigkeit baut Boutavant Details ein, die daran erinnern, in welcher Dekade wir leben: ein Gartenhandschuh im Materialmix, ein Rosenbusch, an dem noch ein Etikett aus dem Gartencenter hängt, hinter Steinen liegt ein gelber Plastikverschluss. Die Bildsprache Boutavants lässt sich gut aufgreifen, um zum Beispiel im Kunstunterricht nach einem Ausdruck für die eigene Wut zu suchen.