Man sieht auch mit den Ohren gut - Eine kleine Reise in die Musik

Autor*in
Unseld, Kerstin
ISBN
978-3-423-64019-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Erlbruch, Leonard
Seitenanzahl
180
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2016
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Mathis ist blind und liebt, im Gegensatz zu seinem Blindenhund Muks, Musik über alles, aber die beiden verbindet eine tiefe Freundschaft. Eines Tages entdecken sie eine merkwürdige Sprudelflasche, die ihnen die Aufgabe stellt, die Königin der Instrumente zu finden. Mit Hilfe eines Zauberwortes gelingt es ihnen, sich in frühere Zeiten zurück zu versetzen. So begegnen sie auf ihrer Suche den unterschiedlichsten Persönlichkeiten der Musikgeschichte. Aber die Königin der Instrumente ist leider nicht so schnell zu finden wie erwartet.

Beurteilungstext

Der Titel des Buches „Man sieht auch mit den Ohren gut“ lässt den/die Leser/in stutzen: „Mit den Ohren sehen“, wie soll das gehen? Auch das Cover auf der Titelseite hilft da nicht weiter: Da sitzt ein Junge mit einen Hund auf dem Sofa und lauscht über Kopfhörer hingebungsvoll mit geschlossenen Augen irgendeiner Musik oder etwas anderem. Auch der Text auf der Rückseite enthüllt nicht eine durchaus wichtige Tatsache: Der Protagonist der Geschichte, Mathis, ist blind. Er besitzt deshalb ein feineres Gehör als viele andere Menschen, und er besitzt die Gabe, sich beim Hören von Musik gemalte Bilder vorstellen zu können. „Musik kann Bilder und Landschaften in so bunten Farben malen, dass man sie direkt vor Augen hat, ohne sie zu sehen, nur durch Hören“, sagt Mathis. Aber nicht nur ihm als Blinden geht das so, auch Herr Krause, der Mann, der den Sprudel liefert, ist so musikverrückt wie Mathis. Muks, Mathis' Blindenhund, vertrauter Freund und ständiger Begleiter, ist dagegen eher ein Musikbanause. Doch die beiden können miteinander reden, und Muks ersetzt Mathis die Augen, indem er ihm alles Sehenswerte berichtet.

Eines Tages entdecken die beiden im Sprudelkasten eine geheimnisvolle, blaue Sprudelflasche. Auf kleinen Zetteln ist in Blindenschrift die Aufgabe beschrieben, die Flasche an die Königin der Instrumente zurückzubringen. Nur, wer ist die Königin der Instrumente? Sie finden heraus, dass das ebenfalls entdeckte Wort „La mer“ ein Zauberwort ist, mit dessen Hilfe sie Zeitreisen unternehmen können. Ab diesem Zeitpunkt bewegen sich Mathis und Muks zwischen zwei Welten: Ihrer realen Welt und der der Musiker und Komponisten, denen sie auf ihrer Suche persönlich begegnen oder über die sie von anderen Wissenswertes erfahren. Die sieben Zeitreisen sind nicht ganz chronologisch geordnet, aber in den Überschriften erfährt der/die Leser/in stets das Jahr, in dem die beiden landen und einen vagen Hinweis darauf, wen sie treffen bzw. über wessen Leben sie etwas erfahren werden.

Zeitreisen sind ein stilistisches Mittel, das Kinder besonders lieben. Es bedeutet, auf geheimnisvolle Weise aus der eigenen Realität in eine andere Zeit einzutauchen, und es ist unvorhersehbar, was einen dort erwartet. Damit versetzt die Autorin die Leser/innen in sehr unterschiedliche Epochen und zum Teil außergewöhnliche Orte und Situationen mit großen Überraschungseffekten. So erfahren sie eine Fülle interessanter Details über den Kapellmeister Stamitz, Hildegard von Bingen, Christoph Ritter Willibald von Gluck, den norwegischen Geiger Ole Bull, Arthur Schönbergs neue Musik und Louis Armstrong. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie ganz besondere, bemerkenswerte Menschen waren.

Die Autorin erzählt mit viel Wortwitz und Situationskomik, was Mathis und sein Hund Muks auf der Suche nach der Königin der Instrumente erleben. Immer begleitet sie die spannende Frage, welches Instrument vom jeweiligen Musiker als Königin bezeichnet werden wird. Kapellmeister Stamitz nennt die Klarinette, Ritter von Gluck die Flöte, aber Mathis und Muks sind damit nicht einverstanden, weil wichtige Merkmale nicht stimmen und suchen weiter. Das erhält die Neugierde auf den weiteren Fortgang der Suche. Eine gewisse Spannung entsteht auch durch den häufigen Wechsel der Gefühle: Hier die Enttäuschungen, die sie auf den Zeitreisen wegen der nicht auffindbaren Königin der Instrumente erfahren müssen, verpatzte Zauberversuche und dort ihr ganz alltägliches Leben in der realen Welt mit Schule, Toben auf der Hundewiese, Herrn Krause und seinem Orgelspiel.

Der Autorin ist es fabelhaft gelungen, erstaunlich viel Wissen über Musikgeschichte, Musiker und Komponisten so zu verpacken, dass Kinder mitgerissen werden. Dabei zeigt sich an vielen Stellen, dass Mathis ein unglaublich großes musikalisches Spezialwissen hat, ja eben ein Musikkenner ist. Seine Erklärungen sind meistens an seinen Hund Muks gerichtet, aber natürlich im Grunde an die Leser/innen, und das kommt manchmal recht altklug daher.
Auch wenn Mathis und Muks am Ende die nicht erwartete, sehr naheliegende Auflösung des Rätsels erfahren, so bleibt die Frage, wie die Zeitreisen möglich waren, ungeklärt. Und eigentlich will der/die Leser/in das auch gar nicht wissen.

Die Geschichte ist mit einigen halbseitigen, aber auch ganzseitigen Illustrationen versehen, die sehr realistisch dargestellt sind und zur Verdeutlichung des Inhalts beitragen.
Am Ende des Buches befindet sich ein Anhang mit der Überschrift: „Noch mehr Geschichte(n) zu den Lieblingsmusiken von Mathis und Muks“. Hier sind zu jedem Musiker oder Komponisten, der im Buch eine Rolle spielt, in gut verständlicher Sprache, sehr ansprechender, kindgerechter Ausdrucksweise viele interessante Details zum Leben, den Werken und der Eigenart ihrer Musik zusammengetragen. Am Ende jeder Geschichte gibt es einen „Hör-Tipp“ mit der Musik, um die es im Buch geht. Das ist noch einmal sehr spannend und mit Genuss zu lesen. Man spürt durch die präzise, engagierte Wortwahl der Autorin ihre eigene Begeisterung für die Musik.
Die Krönung dieses lesenswerten Buches wäre eine beiliegende CD mit allen erwähnten Musikstücken gewesen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von MlMs; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 02.10.2016

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