Mama, da steht ein Bär vor der Tür
- Autor*in
- Lipan, Sabine
- ISBN
- 978-3-86429-183-8
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Olten, Manuela
- Seitenanzahl
- 36
- Verlag
- Tulipan
- Gattung
- BilderbuchFantastikSachliteratur
- Ort
- München
- Jahr
- 2014
- Preis
- 14,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Wie kann es sein, dass ein Bär im 11. Stock eines Hochhauses plötzlich vor der Tür steht? Der kleine Junge weiß es: der Bär will so gern das Meer sehen. Und das kann man nicht im Wald, sondern nur aus den Fenstern oder vom Dach eines Hochhauses aus. Mit kindlicher Logik erklärt er seiner ungläubigen Mutter die phantastische Situation und ist bereit, den Traum des Bären mit zu träumen.
Beurteilungstext
Auf der ersten Doppelseite des Bilderbuches sieht man einen dicken Bären im Hausflur stehen, der sich an die Nase fast und einen kleinen Jungen, der erschrocken aus einem Türspalt späht. Was will der Bär im Hausflur? Und warum fasst er sich an die Nase?
Das wirft Fragen auf, die nach Antworten verlangen.
Und die werden nun von Seite zu Seite durchgespielt, immer im Dialog zwischen Kind und Erwachsenem und mit der jeweils ganz speziellen Logik: der Logik eines Erwachsen und der Logik eines Kindes, die sich erheblich unterscheiden.
""Mama, da steht ein Bär vor der Tür"", lautet der erste Satz des kleinen Jungen, und die ungläubige Rückfrage der Mutter heisst : ""Ein Bär?.. Aber wir wohnen ja im elften Stock!""
Also kann es doch nicht sein, dass da ein Bär im elften Stock eines Hochhauses plötzlich vor der Tür steht?
Aber das Kind weiß es besser. Wenn schon ein Bär da steht, dann hat er natürlich einen Grund, hierher zu kommen. Der Bär, erklärt das Kind, will nämlich das Meer sehen. Deshalb ist er aus seinem Wald losgegangen, hat den Bus genommen und ist in die Stadt gefahren. Dazu brauchte er einen Fahrschein, den hat er beim Schaffner gekauft. Ohne Fahrschein darf man nämlich nicht Bus fahren. In den 11. Stock ist der Bär gekommen, weil er den Fahrstuhl genommen hat. Und nun ist er hier oben und der kleine Junge versteht das sehr gut. Weil man im Wald ja nicht das Meer sehen könnte. Hier aber, durch das Fenster, kann man es sehen. Wenn der Bär genug gesehen hat, wird er zurück in seinen Wald gehen. Allerdings nicht, ohne sich vorher an Schwarzwälder Kirschtorte und Honigkuchen satt gegessen zu haben, denn das bäckt ihm ja leider niemand im Wald. Und dann wird er tief und fest schlafen, denn so ein Tag ist für einen Bären ziemlich anstrengend.
Die Bilderbuchgeschichte entwickelt sich ausschließlich über den knappen Dialog zwischen Mutter und Sohn, der von den Bildern einprägsam kommentiert wird. Es ist eine ungemein intensive kommunikative Erzählhaltung, die die Lektüre des Bilderbuches auf spielerisch heitere Weise befördert. Dieses Bilderbuch lebt von den Widersprüchen, die in den knappen Dialogen zwischen Kind und Erwachsenem entstehen. Während das Kind absolut logisch den Hergang einer fiktiven Handlung konstruiert wird es von der Mutter immer wieder herausgefordert, diese Erklärungen zu kommentieren und zu begründen, was auch restlos geschieht.
So entsteht auf spielerische und komische Weise eine phantastische Szenerie, die von Manuela Olten auf bewährte Weise gekonnt ins Bild gesetzt wird und zu wundersamen Entdeckungen einlädt: wie der dicke Bär die Fahrstuhlkabine ausfüllt und die kleinen Menschlein zu erdrücken scheint, wie er im Bus den Schaffner um die Fahrkarte bittet und die mitfahrenden Kinder vergnügt und erschrocken zugleich zuschauen, wie der Bär schließlich mit dem kleinen Jungen auf dem Dach des Hochhauses ein Picknick mit Torte veranstaltet und in der Ferne tatsächlich das Meer zu sehen ist. Ganz zum Schluss liegen der Bär und das Kind eng aneinander gekuschelt auf dem Fußboden und träumen. Wovon? Vielleicht von dem, was auf den kleinen Bildern an der Wand zu sehen ist? Hier und an vielen anderen Stellen des Bilderbuches sind die Leser aufgefordert mitzudenken und weiter zu träumen.