Maikäfer, flieg! DVD-Film

Autor*in
Unger, Mirjam
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in / Sprecher*in
Umfang
105  Minuten
Verlag
Wfilm
Gattung
Film
Ort
Köln
Jahr
2017
Alters­empfehlung
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nach über 40 Jahren der Buchveröffentlichung wurde die Geschichte 2016 verfilmt: Die herausragende Autorin Christine Nöstlinger beschreibt sehr direkt und intensiv aus der Sicht der damals Achtjährigen das Ende des Zweiten Weltkriegs in Österreich. Der Film lehnt sich stark an das Buch an, was gewiss nicht zum Nachteil ist.

Beurteilungstext

1973 erschienen ihre Erinnerungen an die Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Christine Nöstlinger (gespielt von Zita Gaier) war im April 1945 8 Jahre alt, verließ mit ihrer Mutter (Ursula Strauss) und der älteren Schwester (Paula Brunner) die Stadt und damit auch die Großeltern. Auf dem Land dürfen sie in der Villa der Frau von Braun (Bettina Mittendorf) und ihrem Sohn Gerald (Lino, der ältere Bruder der Hauptdarstellerin) wohnen. Bald kommt auch der verletzte und desertierte Vater / Ehemann (Gerald Votava) hinzu und versteckt sich dort. Als der Krieg beendet ist und sich sowjetischen Soldaten in der Villa einnisten, gibt es sofort großes Konfliktpotenzial. Frau von Braun beginnt eine Affäre mit dem Major, Christine findet in Cohn, dem Koch der "Russkis" und deren letzte Person auf der hierarchischen Leiter, einen Freund.
Angst und Schrecken, unberechenbare Besetzer im häufigen Alkoholrausch und Wut auf die Deutschen - nicht zuletzt wegen den Gräueltaten der deutschen Soldaten in Russland, kleine Freundschaften, sich gegen sexuelle Übergriffe der Soldaten wehren wie gegen die hochnäsige Nachbarstochter - Christine schafft alle Situationen in einer Mischung aus Trotzkopf, Halsstarrigkeit und Gefühl für das Echte. Im Zusatzmaterial auf der DVD zeigt sie, die Schauspielerin, wie ihr (wirklicher) Bruder eine ausgesprochene Reife, die man einem Kind in dem Alter nicht zugetraut hätte.

Die Geschichte macht Platz für ein ganz anderes Verständnis der Zeit des Nationalsozialismus und den Krieg, für den es heute kaum noch einen Augenzeugen gibt. Es sind die vielen kleinen Dinge, die fast unbemerkt nebenbei passieren, die unser Bild prägen, auch wenn dabei einige Klischees bedient werden.
Die Geschichte selbst ist mit Recht Schullektüre, die schauspielerischen Leistungen sind durch diverse Preise gewürdigt worden. Für norddeutsche Kinder ist es eine kleine Anforderung an das Hörverständnis, denn das Deutsch der Österreicher kommt zunächst nur sehr undeutlich über die DVD ins Ohr, besonders wenn die Großeltern von Christine sprechen.
Sehr informativ ist das Zusatzmaterial, das die Regisseurin, die Schauspieler und die Crew zu Wort kommen lässt. Schade, dass die Autorin selbst nicht auch dabei ist.

Die DVD ist nicht nur zu schulischen Zwecken zu empfehlen, auch und gerade im privaten Bereich können die heutigen Nachkriegs-Großeltern mit ihren eigenen Enkelkindern an einer Zeit schnuppern, die für beide so ein wenig begreifbarer wird. Eine Zeit ohne Krieg war den Menschen selbst in Zentraleuropa vor 1945 nicht vergönnt. Leider weiß die jetzige Generation wenig um die Vergünstigung (um nicht "Gnade" zu sagen), gerade jetzt und hier zu leben. Leichtfertig kann so etwas auch aufs Spiel gesetzt werden. Diese DVD kann ein wenig dazu beitragen, Bodenhaftung zu gewinnen / zu erhalten.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.01.2018