Lob des Ungehorsams

Autor*in
Fühmann, Franz
ISBN
978-3-356-01605-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Andres, Kristina
Seitenanzahl
32
Verlag
Hinstorff
Gattung
FantastikLyrikMärchen/Fabel/Sage
Ort
Rostock
Jahr
2013
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Märchengedicht von Franz Fühmann, dem Kerstin Andres eine Bilderbuchfassung schenkt, hinterfragt das klassische Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein auf dialektische Weise. Das siebente Geißlein kann sich retten, weil es neugierig und wissbegierig war und sich nicht an das Verbot gehalten hat- so kann Ungehorsam auch lebensrettend sein.

Beurteilungstext

Zwei Märchen fallen einem bestimmt sofort ein, wenn die Rede auf den bösen Wolf kommt: das Märchen vom ""Rotkäppchen"" und das Märchen ""Der Wolf und die sieben Geißlein"".
In beiden Märchen tritt der Wolf als der böse, verschlagene und gewalttätige Bösewicht auf. Im ""Rotkäppchen"" verführt er ein kleines, unschuldiges Mädchen und verschlingt auch noch seine Großmutter. Bei den sieben Geißlein überwältigt er die Kinder, als die Mutter aus dem Haus ist. In beiden Märchen wurde vor der tödlichen Gefahr hinlänglich gewarnt, aber die gutgläubigen und verspielten Kinder unterschätzen die Bedrohung und werden dafür mit dem Tod bestraft. Dass am Ende der böse Wolf stirbt und die Kinder wieder lebendig werden, ist die wundersame und tröstliche Lösung des Schreckensszenariums, die das Volksmärchen anbietet und dem man erleichtert lauscht.
Franz Frühmann hat dieses Szenarium dialektisch hinterfragt. Das zwischen 1955 und 1957 geschriebene und erstmals in dem Gedichtband "" Die Richtung der Märchen"" 1962 erschienene Gedicht ""Lob des Ungehorsams"" hinterfragt das bekannte Märchen aus den Kinder-und Hausmärchen der Brüder Grimm auf reizvolle und provokante Weise. 2013 ist dieses Märchengedicht nun auch als Bilderbuch, illustriert von Kristina Andres, im Hinstorff Verlag Rostock erschienen
Zunächst wird wiederholt, was der Märchenkenner schon weiß: Sieben kleine Geißlein werden von ihrer Mutter ermahnt, nicht in den Uhrenkasten zu schauen, weil sonst die Uhr kaputt gehen könnte. Sechs Geißlein sind artig und halten sich daran. Aber das siebente Geißlein verweigert den Gehorsam. Es ist offensichtlich neugierig und will wissen, wie es im Inneren der Uhr aussieht.
Als der böse Wolf kommt, verstecken sich sechs Geißlein unter dem Tisch, unter dem Sessel, im Bett. Der Wolf findet sie alle und frißt sie auf. Nur das siebente Geißlein, das unartige, ist am Leben geblieben. Es ist in den Uhrenkasten gekrochen, denn es wusste, dass der Uhrenkasten hohl ist und man sich drin verstecken kann. Der Wolf findet es nicht, das Geißlein bleibt am Leben.
Das Geißlein hat sein Wissen in einer Notlage nutzen können. Das Wissen aber konnte es nur erwerben, weil es sich nicht an das Verbot gehalten hat. Es ist eben nicht nur der übermütige und störrische Ungehorsam des kleinen Geißleins, den es zu tadeln gilt, in seinem Ungehorsam stecken auch Wissendurst und produktive Neugier, die lebendig hält. Das ist die Botschaft, die das Märchengedicht Fühmanns vermitteln will, und es endet mit der Zeile: ""Da war Mutter Geiß aber froh"".
Das Bilderbuch unterstützt die Lektüre dieser nachdenklichen Verse durch großformatige, detailliert gearbeitete Bilder von Kerstin Andres. Sie komplettieren, was der Leser sich vorzustellen versucht: das Haus der Geißlein, die Umgebung des Hauses, die Möbel im Zimmer, die Gestalt der kleinen Geißlein und Schreckensfigur des Wolfes. Es gibt viel zu entdecken und zu bestaunen, die Worte und die Bilder verbünden sich auf glückliche Weise.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von emk.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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