Lina Knut, Schülerin, Gamerin, Weltenretterin

Autor*in
Zwerschina, Franz,
ISBN
978-3-440-17549-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in / Sprecher*in
Pavlovski, Sandra, Rahman, Asifur
Umfang
191  Minuten
Verlag
Franckh-Kosmos
Gattung
TaschenbuchErzählung/RomanDigitale Medien
Ort
Stuttgart
Reihe
Lina Knut
Jahr
2022
Alters­empfehlung
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
FreizeitlektüreBüchereiKlassenlektüre
Preis
14,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Lina, 10 Jahre, spielt gern auf einem Gaming-Portal das Spiel Aarona. Die Mutter setzt feste Regeln, der Vater unterstützt das Hobby, dazu eine feste Clique. Sie hat eine beste Freundin, einen Hund und Geschwister. Alles muss mit der neuen Schule zusammen organisiert und auch ihr Stotter-Problem gelöst werden. Sie darf als gute Spielerin eine neue Version testen und braucht dafür mehr Zeit. Es gibt Konflikte aber auch neue Freundschaften im Chat durch ehrliche Hilfen und Austausch.

Beurteilungstext

Lina ist eine Schülerin der fünften Klasse, die von ihren Eltern für ihre Computerspiele klare Grenzen gesetzt bekommt. Sie hält sich auch daran. Lina Furiosa nennt sie sich im Netz, wenn sie - begleitet von einer Gruppe Follower - in der Phantasiewelt Onitrea daddelt. Die Kinder der Gruppe kennen sich bisher nur über das Spiel. Jedem sind in ihren Namen Hinweise auf besondere Merkmale zugeordnet. Lina spielt ihr Lieblingsspiel oft und auf unterschiedlichen Ebenen und fällt daher auch den Entwicklern des Spiels als gute Spielerin auf. Sie bieten ihr an, für eine ganze Woche die Beta-Version dieses Spiels zu spielen, um es vorab zu erproben. Bisher ist die Erweiterung noch nicht auf dem Markt.
Nach ersten Schwierigkeiten wegen der Erlaubnis, gelingt es ihr mit Unterstützung des Vaters, dass in dieser Woche Ausnahmeregeln gelten. Voraussetzungen dafür sind: Die Schule und Hausaufgaben dürfen nicht darunter leiden.
Ihre beste Freundin Mia, die auch in ihrer Klasse ist und ihre Freunde im Netz teilen ihre Aufregung. In der Klasse selbst mag sie ihr Hobby nicht vorstellen, da sie extreme Probleme hat, frei in einer Gruppe zu sprechen. Sie stottert dann stark. In der neuen Klasse kennt sie kaum jemanden und wird auch von einem Jungen sofort gehänselt.
Im Laufe der Erzählung stellt sich heraus, dass dieser selbst Probleme hat und sich im Netz daher auch aus schriftlichen Kommentaren heraushält. Er schreibt unglaublich fehlerhaft. Der „Busfahrer“ ist dennoch bei allen Spielen der Woche dabei und greift fast zum Schluss sogar mit hilfreichen schriftlichen Kommentaren und Vorschlägen ein. Seine und auch die Kommentare der anderen Gamer und Gamerinnen sind farblich unterschiedlich eingeblendet, wenn Lina spielt.
Im Anfang der neuen Version heißt es sehr schnell schon „Game Over“, weil sie und die anderen die veränderten Werkzeuge ihrer Spielfigur Aarona erst herausfinden müssen und die neue Landschaft und die neuen Geländefallen noch nicht kennen. Sie sollen in einen Turm in einer fremden Gegend der Spielwelt gelangen. Sie haben es mit ganz neuen Schwierigkeiten zu tun und sind manchmal ratlos.
Neben der Rahmenerzählung gibt es Insider-Seiten, schwarz hinterlegt, die den Spielablauf kommentieren und mit Zeichnungen (wie Screenshots gestaltet) einen kleinen Einblick geben in die Oberfläche und Animationen des Spiels. Die Feinde und die Waffen und Werkzeuge werden vorgestellt und zu lösende Extraaufgaben, die zudem noch entschlüsselt werden müssen.
Spannung erzeugt der Ausfall ihres Gamepads kurz vor dem Ende der Probezeit. Sie kann die Figur also nicht mehr steuern. Das Kabel ist durchgebissen, ein Ersatz findet sich kurzfristig nicht. Über den Vater und einen Freund, der altes Zubehör sammelt und verkauft, behilft sie sich und kann nun sogar mündlich Befehle geben.
Lina gelingt es, die Bedingungen zu erfüllen. Sie hält sich schweren Herzens auch an die verabredeten Regeln, vergisst aber über die Spielwelt den Geburtstag ihrer besten Freundin. Dabei hatte sie das Geschenk doch schon längst liebevoll ausgesucht und vorbereitet. Zeit für eine Klärung hat sie noch nicht, denn es ist der letzte Spieltag. Mia ist böse auf sie.
Sie gelangt ausgerechnet mit Hilfe des „Busfahrers" ans Spielende, auch wenn der seine Rechtschreibschwäche damit offenlegte. Hier stört die schlechte Rechtschreibung keines der Kinder. Sie wollen alle nur, dass Lina zu Ende spielen kann.
Im Chat kommt es später zum ersten persönlichen Austausch. Es stellt sich heraus, dass alle ihre kleinen oder großen Schwächen haben und diese irgendwie kompensieren müssen. Der „Busfahrer“ reagiert mit Angriffen auf die Schwächen von anderen SchülerInnen. Eine davon ist Lina mit ihrem Stotter-Problem. Sie gehen tatsächlich in dieselbe Klasse, ohne es vorher gewusst zu haben!
Das Buch ist leicht lesbar und flüssig geschrieben. Die Dialoge sind stimmig und situativ nachvollziehbar. Die Überlegungen der Protagonisten sind nachvollziehbar dargestellt, auch die der Erwachsenen.
In klaren Unterteilungen ist zu erkennen, wenn es um die Familie, Schule oder die Spielewelt geht. Viele schwarz gezeichnete Illustrationen sind witzig, kommentierend und beleben auf allen Seiten die Rahmenerzählung der Geschichte. Sandra Pavlovski gelingen in wenigen Strichen ausdrucksstarke Figuren, Szenen oder ergänzende Bebilderungen des Geschriebenen. Im Druck selbst gibt es schwarz unterlegte Wörter, dick Gedrucktes, dick Großgedrucktes, ohne dass dies beim Lesen stört. Es hat entlastende Funktionen. Die Überschriften sind als gerahmte Buchstaben gesetzt. Es ergeben sich durch die Strukturen kleine übersichtliche Einheiten.
Die ist nötig, um sich zum Schluss selbst mit „Achievements“ zu belohnen. Es sind dick gedruckte Hinweise oder Fragen, die ankreuzen kann, wer die Antworten im Text gefunden hat. So wäre der Lesefortschritt angekreuzt zu erkennen.
Diese letzte Leseleiste überzeugt nicht. Die Fragen lösen sich nicht sofort durch das Auffinden der Stichworte. Das könnte entmutigen, wo es doch offenbar schwache LeserInnen motivieren sollte. Da es wie ein Anhang gehandhabt wird, werden solche sicher nicht nach hinten blättern, um zu sehen, wo sie gerade sind und wann es möglicherweise einen Punkt zum Abhaken gibt. Ob sie ein Interesse daran haben, noch einmal zurückzublättern, um die genaue Stelle zu suchen, ist eher unwahrscheinlich. Es ist wie ein „Game Over“, das aber keine Funktion mehr erfüllt. Um schwachen Lesern ein entspanntes Weiterlesen zu ermöglichen, müsste ein anderes Format gefunden werden.
Kindern, die selbst viel daddeln, ist die Beschreibung des Spielverlaufs und der Kommentare sicher weitestgehend bekannt. Doch da es in eine Geschichte gepackt ist, werden sie diese Teile gerne mitlesen. Miträtseln werden sie auf dieser Ebene nicht können.
Für Kinder, die bisher nicht gespielt haben oder spielen durften, ergeben sich Hinweise für den Umgang und Hinweise zum Austausch mit den Eltern. Es ist gut zu lesen, dass Eltern und Kind sich auf einer bestimmten Ebene treffen sollten. Hier gelingt es sogar und Ausnahmen sind auszuhandeln. Dass es nicht immer so offen und problemlos mit Chat-Partnern zugeht, sei dahingestellt.
Daher widmet der Autor dem Besuch eines Polizisten in der Klasse auch seine Aufmerksamkeit und lässt über ihn vor Mobbing warnen.
Gut einbezogen wird auch das schlechte Gewissen Linas der Freundin Mia gegenüber. Das ist eine wichtige Erfahrung für sie. Die Freundin will sie weder verletzen, noch verlieren. Zum Glück entwickelt Mia in der Erzählung Verständnis für die Ausnahmesituation und nimmt Linas Geschenk und die Entschuldigung noch nachträglich an.

Alle Ebenen sind gelungen. Hier stimmt das gesamte Setting. Bücher mit anderen Erfahrungen (und ohne echte Freundschaften) können ja noch später zusätzlich gelesen werden.

Anmerkung

Mit Kindern über Spielerfahrungen, Mobbing, Unsicherheiten, Regeln sprechen

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stoni; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 11.01.2023