Lichterloh. Stadt unter Ruß

Schlagwörter

• Arbeitswelt
• Außenseiter
• Streit/Konflikt

Teaser

Die 15-jährige Cleo lebt in Rußstadt, einer Stadt, die nicht nur unter extremer Umweltbelastung leidet, sondern auch ein Musterbeispiel sozialer Ungerechtigkeit und Willkür ist. Aber Cleo ist eine Rebellin. Zunächst verändert sie Kleinigkeiten für ihr eigenes Leben, repariert für Arme gegen alle Verbote Geräte und durchbricht die strenge hierarchische Ordnung. Ihr Traum, Schornsteinfegerin zu werden, erfüllt sich unerwartet, erhöht aber die Gefahr, in der sie als mitdenkende Außenseiterin lebt.

Beurteilungstext

Alles dreht sich in Rußstadt um Kohle. "Kohle ist Leben", lautet das Motto der Stadt. Sie liefert Energie, treibt Geräte an, ist Mittel zur Macht, Tauschware und Diebesgut, da sie streng rationiert wird. Ihr Rauch verdeckt den Himmel und macht die Menschen krank. Selbst geflucht wird mit Aussprüchen wie "Ach du rußverschmierter Kohlenschlot". (S. 139) Die herrschende Klasse der "Industriellen" lässt sie täglich zuteilen und schert sich nicht um Umweltschutz. Für den Brandschutz sorgen die Schornsteinfeger, eine Elitegilde. Nur Mitglieder einer Handwerkergilde dürfen Nachnamen tragen. Die Mehrheit der Menschen vegetiert in Armut, neue Geräte sind unerschwinglich, Reparaturen sind verboten. Die Mächtigen handeln mit großer Willkür.

Cleo und ihre Schwester haben nicht ohne Narben einen großen Brand überlebt, bei dem die Eltern starben. Sie wohnen im Signalturm etwas außerhalb und oberhalb des Ortes. Heimlich nutzen sie Windkraft, Cleo repariert Dinge, stiehlt dafür auch weggeworfenes Material während ihrer Arbeit in einer Fabrik. Nachdem sie trotz aller Verbote einen Brand löscht, wird sie zur Heldin der Armen und zum Spielball der Elite. Ihre nahezu undenkbare Ausbildung zur Schornsteinfegerin erfüllt ihren Lebenstraum und raubt ihr die Illusionen an eine Zukunft mit Veränderungen für die Ärmsten. Aber Cleo wäre nicht Cleo, wenn sie aufgeben würde.

Cleo ist eine sympathische, mutige Protagonistin. Sie ist freundlich, mitfühlend, nutzt ihre Fähigkeiten, um anderen zu helfen, überschreitet Grenzen, wenn sie es für notwendig hält und hofft als große Optimistin auf ein besseres Leben für alle Armen. Gleichzeitig ist sie oft spontan, handelt unüberlegt und gerät so in große Schwierigkeiten. Das bringt ihr aber auch Bewunderung und Respekt. Kann sie die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern und den Ärmsten das Leben lebenswerter machen? Kann sie, die das System langsam durchschaut, etwas gegen die Umweltverschmutzung und die Ressourcenverschwendung tun? Kann sie die Willkür der herrschenden Elite stoppen?
Dies ist Band 1 der Trilogie. Band 2 und 3 werden noch in diesem Jahr erscheinen.

Die Geschichte ist spannend. Der Autorin gelingt es, die unglaublichen Lebensbedingungen in der Stadt bildhaft ohne langatmige Schilderungen zu beschreiben. Sie kann auf einer zweiten Ebene als parabelähnliche Geschichte über unsere Weltwirtschaft gelesen werden.
Die Autorin erhielt 2022 den Literaturpreis der Kulturbehörde Hamburg sowie ein Stipendium des Phantastik-Autoren-Netzwerks.
Im Buch zieren kleine Vignetten die Kapitel- und die Seitenzahlen. Das Cover entstand unter Verwendung von Entwürfen der Illustratorin.