Lampedusa - Große Geschichte einer kleinen Insel

Autor*in
Ladurner, Ulrich
ISBN
978-3-7017-3331-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
143
Verlag
Nilpferd in Residenz
Gattung
Ort
St. Pölten
Jahr
2014
Lesealter
16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Lampedusa: 22 Quadratkilometer Kulturgeschichte. U. Ladurner nähert sich, fundiert recherchiert und klug arrangiert, erzählend und berichtend der wechselvollen Geschichte dieser kleinen italienischen Insel, die in den letzten Jahren zum Symbol des Lebens und Sterbens von Menschen auf der Flucht vor Krieg und Armut wurde. Beleuchtet werden sowohl historische Fakten wie auch aktuelle Diskussionen und Entwicklungen.

Beurteilungstext

Auch fast zwei Jahre nach Erscheinen dieses Kleinods einer literarischen Reportage über Lampedusa hat dieser Name nichts an seiner Brisanz im Zusammenhang mit den furchtbaren Meldungen über Flüchtlinge verloren, die auf ihrer lebensgefährlichen Reise von (meist) freiwilligen Helfern und Bewohnern der Inseln im Mittelmeer gerettet oder auch auf dieser starben. Im August 2015 ging die Meldung über die Sender, dass die italienische Marine einem Boot in Seenot vor Lampedusa helfen konnte, aber 40 Flüchtlinge erstickten in Laderaum.
Ladurner schreibt in seinem Vorwort, dass er hinter die Meldungen und all ihren Horror schauen wolle und herausfinden, was es mit dieser winzigen Insel auf sich hat. Er fand viel mehr als er erwartete: "Ich entdeckte eine Insel, auf der sich Geschichte und Gegenwart in vielfältiger Weise verschränken. Lampedusa ist kein Grenzposten, es ist ein Spiegel Europas." (S. 8) Diesen Verschränkungen geht er nach, so dass in den vierzehn Kapiteln mit so einprägsamen Überschriften wie Piraten, Geiseln, Hoffnung, Revolution oder Träume, Kirchen und Krieg ein facettenreiches Kaleidoskop entseht. So erfährt der Leser nicht nur unzählige geografische, historische und politische Fakten, sondern auch, wie diese in europäische Geschichte und Kultur eingewoben sind. Lampedusa erscheint dann, wie mit dünnen Fäden oder dicken Tauen, mit allem was Europa ist oder auch sein könnte, verbunden - im Guten wie im Schlechten.
Ladurner erinnert in seiner Spurensuche auch an Pasolini, der die Brüder von der anderen Seite des Meeres (wie er die Menschen aus Afrika u.a. in seinem Text "Ali mit den blauen Augen" nannte) willkommen heißen wollte (S. 40/41) Oder an Shakespeare, dessen Drama "Der Sturm" von 1611 vermutlich auf dieser unwirtlichen Insel spielt. Die folgenden Zeilen aus einer Szene des über 400 Jahre alten Stückes lassen einem schaudern, so jenseits aller Fiktionalität wirken sie heute: "Das Schiff bricht auseinander
Lebt wohl, meine Frau, meine Kinder!
Lebt wohl, Bruder!
Es bricht, es bricht, es bricht!" (S. 15)
Abgerundet wird dieses Essay- und Geschichtsbuch (der besonderen Art) von einem für die schnelle Suche sehr hilfreichen umfangreichen Personen- und Ortsregister.
Für die schulische Lektüre eignet es sich für gute interessierte LeserInnen ab 16. Jahre.
Im Zusammenhang mit Lampedusa möchte ich abschließend noch auf das Projekt "Silent Books" des IBBY (International board on books for young people) hinweisen. Ca. 100 Kinderbücher, die international verstanden werden können, weil sie ohne Sprache bzw. Text auskommen, werden in einer Wanderausstellung in vielen Ländern gezeigt und kommen schließlich als Spende zu den auf Lampedusa gestrandeten Flüchtlingen bzw. den Kindern in eine Bibliothek.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2016

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