Kriegszeiten - eine grafische Reportage über Soldaten, Politiker und Opfer in Afghanistan

Autor*in
Schraven, David
ISBN
978-3-551-78698-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Burmeister, Vincent
Seitenanzahl
Verlag
Carlsen
Gattung
Comic
Ort
Hamburg
Jahr
2013
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Drei Kapitel gliedern diese Graphic Story: 1. Wie 9/11 dazu führt, dass sich die Bundeswehr in Afghanistan einsetzt. 2.Wie die Bundeswehr die Idee, als Entwicklungshelfer zu dienen, verlustig wird und 3. Wie die Bundeswehr sich zunehmend als Helfershelfer der Warlords der Situation eines Kriegs ausliefert und dem nichts entgegen setzen kann.

Beurteilungstext

Harte Grafik kennzeichnet die Bildseiten, schnelle Schnitte, frappierende Perspektivwechsel extremer Art, die Texte in rechteckigen Blöcken erzählen für sich, die Bilder ergänzen und erweitern das, was im Text erzählt wird. Vorwiegend Schwarz-Weiß, die Hintergründe sind gelegentlich farbig-flächig.
In Teil 1 prophezeit ein Freund, dass die USA ein ganzes Land für das Attentat auf die Twin-Towers auslöschen werden. Bald steht fest, dass dies Afghanistan sein wird. Die Bundeswehr wird dorthin geschickt und die Mannschaften versuchen, sich im Einvernehmen mit der Bevölkerung zu etablieren. Aber man bekommt mit, wie enorme Gelder verschoben werden, in dubiosen Kanälen verschwinden, gerade eingeweihte Projekte wieder zerstört werden, die Truppe unter Beschuss gerät. Alle Entgleisungen sind offensichtlich, nichts aber wird zur Aufklärung getan, der Bundestag bleibt außen vor.
In Teil 2 erzählt David Schraven von den Absurditäten des Einsatzes nach dem ersten Selbstmordattentat: Männern mit langer Kriegserfahrung werden Petitessen beigebracht, ein Leibwächter des gröbsten Warlords soll Polizeichef werden, die hochgerüsteten Soldaten sollen Vertrauen erwecken?! Der alltägliche Frieden ist trügerisch. Die Bundeswehr riegelt sich immer mehr ein und die Warlords kämpfen gegen das Volk. Keiner stellt die Fragen nach dem Sinn eines solchen Bundeswehreinsatzes.
Teil 3: 2009 beschließt die Londoner Konferenz, wie man sich ohne Gesichtsverlust aus dem Staub machen kann: Man übergibt nach und nach die Kommandogewalt an die Afghanen: Man löst zwar damit kein Problem, der Plan kann aber prima verkauft werden. Ein Dorf wird in einem massiven Militäreinsatz von den Taliban befreit (und dient dann als Werbeobjekt für den mediengerechten Besuch des damaligen Ministers Guttenberg). Ähnlich wird es in den ganzen Dörfern an der Ringstraße um Afghanistan gemacht - das Landesinnere bleibt sich selbst überlassen. Eigentlich also werden nur die Transportwege der ISAF-Truppen gesichert. Sonst ist keine Strategie erkennbar, nur Aneinanderreihungen von irgendwelchen Operationen. Der Opiumanbau gedeiht, die Verbündeten des Westens sind einflussreiche Verbrecher - der Westen hat den Krieg schon lange verloren. Deutschland hat verloren. Und Deutschland hat inzwischen den Krieg akzeptiert - Afghanistan ist nur der Auftakt für die neuen Kriegszeiten im Kampf gegen Piraten, Diktatoren und anderen im Nahen Osten, Afrika, Asien.
Mit diesem düsteren Ausblick endet die ""grafische Reportage"" - nicht ganz zu Unrecht.
Kriege werden auch deshalb geführt, weil das Volk akzeptiert, was irgendwo ausprobiert wurde, weil der Protest dagegen im Sande verlief. Der Sand ist weit, weit weg vom eigenen Land.
Diese grafische Reportage könnte zum Nachdenken anregen. Cjh13.13

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010