Kriegswinter

Autor*in
Terlouw, Jan
ISBN
978-3-8251-7825-3
Übersetzer*in
Schweikart, Eva
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
204
Verlag
Urachhaus
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2012
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Niederlande, Kriegswinter 1944/45. Der Krieg dauert nun 5 Jahre an. Die Niederlage der Deutschen scheint besiegelt zu sein. Dennoch sind Teile der Niederlande von ihnen besetzt. Der 15jährige Michiel soll einen streng vertraulichen Brief überbringen. Wenig später steht er vor der Entscheidung, ob er einem verletzten englischen Piloten verstecken und versorgen soll. Unfreiwillig wird er so in die lebensgefährlichen Aktionen der Widerstandskämpfer verwickelt. Die Lage spitzt sich zu.

Beurteilungstext

Ein intensiver Blick eines etwa 14, 15jährigen Jungen aus den 1940er Jahren fängt den Betrachter des Covers von "Kriegswinter" von Jan Terlouw, 2012 im Stuttgarter Urachhaus erschienen, sofort ein. Dieses Roman an der Schwelle vom Kinder- zum Jugendbuch fesselt. Ausgehend von eigenen Kindheitserlebnissen erzählt Jan Terlouw die Geschichte von Michiel im Kriegswinter 1944/45. Michiel lebt in den nördlichen Niederlande auf dem Lande, die seit 1940 von der deutschen Wehrmacht besetzt wurde. Sein Vater ist der Bürgermeister des Ortes. Das Leben ist nun im fünften Kriegsjahr von Lebensmittelknappheit, Mangel und Überteuerungen geprägt, auch wenn es den Dorfbewohnern dank der (überteuerten) Versorgung durch die umliegenden Bauern etwas besser als den Stadtbewohnern geht. Daher verwundert es nicht, wenn die Stadtbewohner regelmäßig aufs Land gehen, um dort ein wenig Nahrung zu besorgen. Michiels Familie hat deswegen fast jeden Tag mehrere Gäste zu bewirten. Im Untergrund agieren die Widerstandskämpfer. Lebensgefährlich sind ihre Aktionen. Denn den deutschen Soldaten bestrafen sie beim Aufspüren gnadenlos. So herrscht eine verängstigende Stimmung im Land. Michiels Vater bemüht sich um seine Gemeinde sehr. Gleichzeitig achtet er darauf, die Familie nicht in Gefahr zu bringen.
Eines Tages übergibt ein Nachbarsfreund Michiel einen Brief. Als dieser kurz darauf von den Deutschen verhaftet wird, ahnt Michiel die Dimension des Briefes. In einem nahen Waldstück hatte der Freund einen abgeschossenen, verletzten englischen Piloten versteckt und versorgt. Nun übernimmt Michiel diese Aufgabe und wird so in die lebensgefährlichen Aktionen des örtlichen Widerstandskreises unfreiwillig verwickelt. Sehr, sehr vorsichtig muß Michiel nun seiner Aufgabe nachgehen und lernt dabei, wem er vertrauen kann oder nicht. Natürlich spitzt sich die Lage zu, als Gerüchte über den englischen Piloten bei den Deutschen und im Dorf die Runde macht. Wird der Pilot entdeckt? Wird Michiel den Krieg überleben? Wird seine Familie davon erfahren?
Eindringlich und aufwühlend ist diese Kriegsgeschichte, die Jan Terlouw lebendig in klaren Worten erzählt. Ruhig ist sein Erzählton, ja manchmal fast sachlich-beschreibend. So verstärkt Terlouw die Erzählwirkung noch mehr. Um die Atmosphäre des Mißtrauens, des übervorsichtigen Handelns Michiels deutlich zu machen sowie den Spannungsbogen bis zum Schluß, an dem er die Rätsel der Geschichte auflöst, zu halten, wählt Terlouw die personale Erzählperspektive für die Figur des Michiels. Schnell merkt der Leser, wie frühzeitig Michiel noch mehr Verantwortung übernimmt, wie er von einem Jungen innerhalb weniger Tage zu einem Erwachsenen heranreift.
Facettenreich schildert Terlouw den Kriegsalltag - die Gegensätze zwischen dem Stadt- und Landleben, wobei letztere im Krieg dank der Nähe zu den Bauern sich besser mit (überteuerten) Lebensmitteln versorgen können, die verschiedene Haltung der Dorfbewohner von Gier, innere Emigration bis zu offensiver Hilfe für die Notdürftigen, die gespannte Atmosphäre, die Einquartierungen, das Verhältnis zwischen den Niederländern und den deutschen Besatzern. Vor allem über letztere zeichnet Terlouw ein differenziertes Bild, wenn ein Soldat Michiels kleinen Bruder rettet, wenn die einquartieren Soldaten sich höflich benehmen, wenn der Kommandant der Baronin in preußisch-militärischer Haltung begegnet. Es sind die zwischenmenschlichen Begegnungen im Alltag, die die Graustufen des Bildes zeigen. Hier liegt die große Stärke des Buches.
Jan Terlouws "Kriegswinter" ist ein eindringliches Werk über die letzten Kriegsmonate in den Niederlanden, über den Widerstandskampf, über Vertrauen und Mißtrauen in Kriegszeiten und vor allem darüber, wie sehr der Krieg den Kindern die Jugend raubte. Es sollte vor allem wegen seiner vielen Graustufen in der Erzählung als Schullektüre empfohlen werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von .
Veröffentlicht am 01.10.2015

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