Königinnen Afrikas

Autor*in
Serbin, Sylvia
ISBN
978-3-7795-0066-7
Übersetzer*in
Honke, Gudrun
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
407
Verlag
Peter Hammer Verlag
Gattung
Ort
Wuppertal
Jahr
2006
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
25,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Porträts bedeutender Frauen aus afrikanischen Ländern

Beurteilungstext

Die schwarzafrikanische Autorin, Politikerin, studierte Historikerin und Journalistin, hat dieses Buch allen schwarzen Frauen gewidmet, "die durch ihre Taten die Kämpfe der Menschheit unterstützt haben". Ich gebe beschämt und ungern zu, dass ich von den 27 vorgestellten Frauen nur Nofretete gekannt habe. Schwarze Frauen sind in der Tat von der Geschichtsschreibung vernachlässigt worden!
Es ist aber kaum feministisches Interesse, das Sylvia Serbin zu diesem Buch veranlasste, sondern vielmehr historisches, ausgehend von der grundlegenden Frage: Wie können Kinder schwarzafrikanischer Herkunft eine Identität entwickeln, wenn ihre frühe Geschichte nur Sklaverei und Kolonisierung kennt. Ihnen will sie aufzeigen, dass es auch in Afrika zu allen Zeiten Persönlichkeiten gegeben hat, die sich durch Würde und Mut auszeichneten - solche Frauen fasst sie unter dem Begriff "Königinnen" zusammen.
Sylvia Serbin vollzieht damit einen wichtigen Schritt: Sie arbeitet ein Stück afrikanischer Geschichte auf und zeichnet dabei ein sehr differenziertes Bild der Vergangenheit, die uns Europäern oft genug als ereignislos erscheint: "Man kann sagen, dass das eigentliche Afrika bis zu D. Livingstone keine Geschichte gehabt hat" - so ein Zitat aus einem Werk noch von 1938!
Anhand archäologischer Forschungsergebnisse zeichnet Serbin auf wenigen Seiten die Geschichte und Entwicklung Afrikas vom Beginn der Eisenzeit nach, entwirft ein Bild der Population und des sozialen Lebens. Es ist spannend zu lesen, wie die Menschen ihren unterschiedlichen Lebensbedingungen entsprechend verschiedene Formen sozialer Ord-nungen und Organisationen entwickelten, die schließlich zur Bildung mächtiger Reiche führten.
Nicht minder "spannend" - wenngleich beschämend für jeder von weißer Hautfarbe - liest sich dann die Geschichte von der Zerstörung dieser jahrhundertelang gewachsenen Sozialstrukturen, die zu einer bewussten Degradierung des gesamten Kontinents führte. Gleichzeitig mit diesem Prozess der Ausbeutung wurde bewusst das Bild eines primitiven Afrikas in die Welt gesetzt, um den Herrschaftsanspruch der Europäer zu legitimieren und dieses als die überlegenere "Rasse" zu dokumentieren. Solch rassistische Ideologien sollten die Vorherrschaft der Weißen stützen.
Sylvia Serbin zeigt diese Epoche als eine der beschämendsten und unwürdigsten afrikanischer und europäischer Geschichte. Aber sie tut das in einer absolut neutralen Sachlich-keit, die dem Leser den größten Respekt abringt. Was für eine versöhnliche Geste, vergleichbar einem Martin Luther King!
Gleichzeitig weist sie die künftige Forschung in eine bestimmte Richtung: Die Bewertung Afrikas als primitiv, seine Herabsetzung in seinem eigenen Wert hat dazu geführt, dass Afrikas Beiträge zur Geschichte der Menschheit unsichtbar geworden sind. Die kulturellen Hintergründe aufzuzeigen und zu den Quellen des Kontinents vorzustoßen, wo einst die Wiege der Menschheit stand, muss vorderstes Anliegen aller sein, die sich ernsthaft mit dem schwarzen Kontinent auseinandersetzen.
Ihr Buch über die großen Frauen Afrikas gliedert Serbin in acht große Kapitel, die in sich chronologisch geordnet sind. Die "echten" Königinnen von eigenen Reichen stehen mit 5 Frauen an der Spitze; es folgen "Frauen mit Macht und Einfluss", "Frauen des Widerstands", "Prophetinnen und messianische Bewegungen", "Kriegerinnen", "Höfische Romanzen", "Opfer" und schließlich "Mütter großer Männer". Für den europäischen Leser ist es nicht immer einfach, dem Text zu folgen, obwohl Serbin in ihrer Darstellung so viel wie möglich an Hintergrundwissen vermittelt. Dennoch bleibt die Tatsache, dass uns wirklich viel Wissen fehlt.
Ein Buch, dessen Lektüre den Leser um viele neue Erfahrungen bereichert und einen so manches in den Medien vorkommende Ereignis auf einmal mit ganz anderen Augen sehen lässt.

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Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010