Klär mich auf. 101 echte Kinderfragen rund um ein aufregendes Thema

Schlagwörter

• Familie
• Sexualität

Teaser

Der Spiralblock „Klär mich auf“, bei dem die Seiten nach oben geklappt werden, enthält über 100 Fragen von Kindern rund um Sexualität, Gefühle, Geschlecht, Pubertät, Schwangerschaft und Geburt und den menschlichen Körper. Jede dieser Fragen wurde von Anke Kuhl illustriert und von Katharina von der Gathen beantwortet. Die Fragen der Grundschulkinder wurden von Frau von der Gathen während ihrer sexualpädagogischen Projektarbeit anonym über eine Box gesammelt.

Beurteilungstext

In dem Block ist jeder Frage eine Seite gewidmet: auf der Vorderseite ist immer eine Illustration zu sehen, darunter ist der Originalzettel mit der Frage des Kindes zu lesen (für das ungeübte Augen aufgrund der experimentellen Rechtschreibung und der krakeligen Handschrift nicht immer leicht zu entziffern). Auf der Rückseite wird unter der wiederholten Frage diese mal mehr oder weniger ausführlich beantwortet. Dieser Aufbau bietet einen möglichen Umgang mit diesem Block an: zunächst können einfach nur die vielen Fragen der Kinder gelesen werden und die Pädagogin oder der aufklärende Erwachsene kann versuchen, erst einmal selbst eine Antwort darauf zu finden.
Die Fragen der Kinder sind sehr vielfältig und bilden eine sehr große Bandbreite bezüglich Sexualität ab. Oft werden Begriffe und Warums erfragt, manche Fragen sind ernst und nachdenklich, manche einfach typisch Kind (Können Babys im Bauch furzen). Einigen Fragen merkt man an, dass das ganze Thema den Kindern häufig doch fremd ist oder aber auch, dass sie schon erste Erfahrungen gesammelt haben (Wieso ist es so, dass wenn man an Sex denkt, so ein komisches Gefühl hat).
Ohne die liebenswerten Illustrationen von Anke Kuhl wäre „Klär mich auf“ nur halb so schön. Die bunten Bilder, manchmal mit Sprechblasen, sind humorvoll und laden gleichzeitig zum Nachdenken ein. Kuhl gelingt es Bilder zu zeichnen, die in keinster Weise pornografisch sind, aber auch nicht so tun, als dürften Kinder keinen Penis oder Brüste sehen; auch gelingt es ihr, „schwierige“ Fragen zu gestalten (Wie fühlt sich Sex an (Feuerwerk)/Was ist eine Vergewaltigung(schwarzes Monster, dass eine sich wehrende Frau hält)).
Die Antworten von Frau von der Gathen sind klar und prägnant, sie verwendet die korrekten Begrifflichkeiten; sie schreibt kindgemäß und trotzdem mit Vertrauen, dass man Kindern auch ernst und ehrlich antworten kann (selbst die Frage nach dem furzendem Baby im Bauch beantwortet sie mit aller Ernsthaftigkeit). Durch das Buch und die offenen Antworten vermittelt sie das Gefühl, dass Fragen zu Sexualität und Aufklärung nicht peinlich sind und man auch über dieses Thema offen reden soll, gleichzeitig gelingt es ihr zu vermitteln, dass Sex etwas sehr Intimes ist und die Grenzen der Mitmenschen wichtig sind. Ihre Antworten sind meist wenig normativ, sie spricht von den „meisten Menschen“ oder erzählt, dass „manche so und manche so“ sind – sie behält immer den Blick auf die Verschiedenheit der Menschen. Die biologisch korrekten Begriffe und Abläufe beschränkt sie auf ein Mindestmaß ohne dabei etwas zu verwässern oder in „Kinder“-Sprache zu verfallen. Sie geht auch mit den dunklen und schmerzhaften Seiten der Sexualität sehr sensibel um, vermittelt insgesamt aber ein positives Bild von Sex und allem was dazu gehört.
Besonders schön ist an diesem ungewöhnlichen Sachbuch zur Aufklärung, dass sich nicht auf eine heterosexuelle Sicht beschränkt wird: es gibt sowohl einige Kinderfragen zu Homosexualität, aber auch von der Gathens Antworten und Kuhls Illustrationen bilden eine größere Spannbreite als die klassische Liebe und Sexualität zwischen Mann und Frau ab – so sieht man auf dem Bild zur Frage, warum geküsst wird, neben einem Heteropärchen eine Mutter die ihr Kind küsst, eine Wangenkuss zwischen zwei Freundinnen, einen Handkuss und einen innigen Kuss zwischen zwei Männern.
Was bleibt ist die Frage, ob dieses Buch nicht in erster Linie doch für Erwachsene geeignet ist. Nicht weil Kinder nicht über Sex reden oder lesen dürften, da beweist der Block ja eher das Gegenteil. Offen bleibt, ob die Kinder ihre eigenen Fragen mithilfe eines solchen Mediums beantworten können oder ob nicht doch trotzdem der kompetente Erwachsene (der sich vielleicht mit Hilfe dieses Buches schon gut auf das Thema vorbereitet hat) der bessere Antwortengeber ist.