Kindheit Wie unsere Mutter uns vor den Nazis rettete

Autor*in
, Parnass
ISBN
978-3-596-85672-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
78
Verlag
Gattung
Biografie
Ort
Frankfurt
Jahr
2014
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,50 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

“Die vielfach ausgezeichnete Autorin Peggy Parnass erzählt in diesem bewegenden Memoire ihre Kindheitsgeschichte: 1939 wurde sie mit ihrem vierjährigen Bruder mit einem Kindertransport nach Stockholm geschickt. Ihre Eltern sah sie nie wieder. Sie wurden in Treblinka von den Nazis ermordet. Die leuchtenden Farbholzschnitte der brasilianischen Künstlerin Tita do Rego Silva stehen im Kontrast zum Inhalt und verleihen ihm eine noch größere Intensität.” (Klappentext)

Beurteilungstext

Im Nachwort dieses besonderen Buches äußern sich Autorin, Illustratorin und ein Kunstbuchverleger zur Vorgeschichte der Edition. 1984 erschienen diese autobiografischen Kindheitserinnerungen der heute 80-jährigen Autorin, integriert als ein Kapitel in ihrer Publikation “Unter die Haut”. Um diese Kindheitsgeschichte vor dem Vergessen zu bewahren, ergänzte sie die bildende Künstlerin mit 13 skurrilen Farbholzschnitten. So entstand in limitierter Auflage ein großformatiges Künstlerbuch, das 2013 von der Stiftung Buchkunst zu einem der schönsten deutschen Bücher kreiert wurde.
Das in Text und Bild aufeinander abgestimmte Layout des Künstlerbuches bleibt in verkleinerter Form in der KJB - Reihe des Fischerverlages erhalten und erweckt auf den ersten Blick den Eindruck eines bebilderten Kinderbuchs. Dafür spricht auch die typografische Gestaltung des Fließtextes - ein übersichtlicher Satzspiegel, aufgelockert durch kurze Absätze, die mit Kursivdruck in Fettschrift eingeleitet werden. Die verfremdenden, detailreichen, farbenprächtigen Illustrationen gefallen Kindern. Sie empfinden die menschlichen Figuren mit einem stilisierten tierähnlichen Gesicht weniger ungewöhnlich als mancher Erwachsene. Erzählt werden kurze Episoden in der Ich - Form, aufgelockert durch wörtliche Rede. Der Text lässt sich auf Grund seiner prägnanten, unverblümten Wortwahl gut vorlesen, Dennoch richtet sich das Buch nicht in pädagogischer Absicht an kindliche Leser. Die Autorin lässt den Leser in großer Offenheit an ihren Erinnerungen teilnehmen. Bei Verzicht auf eine chronologische Reihenfolge spürt sie gefühlsgetrieben ihrem Innenleben als Kind nach.
“Egal wie, jede Erinnerung hängt mit Mutti zusammen...” Sie erinnert sich an das Aussehen, das Lachen und Weinen ihrer kleinen, als Putzfrau abgearbeiteten Mutter, an den polnischen Vater “Pudl”, der vom Pokern oft nicht nach Hause kam, an ihre Eifersucht bei der Geburt ihres um ein Jahr jüngeren Bruders “Bübchen”, an Erlebnisse mit der Cousine, dem Onkel, der Tante.
“Dann waren die Nazis um uns rum...jeder Tag war eine Angstpartie.” In kurzen Momentaufnahmen schildert sie Beispiele der Judenverfolgung.
“Meine Angst vor Trennungen macht mich fast verrückt.. Da gibt es eine Reihe Erinnerungen, alle nicht wegzudrücken.” Nach der Verhaftung des Vaters rettet die Mutter ihre Kinder vor dem Vernichtungslager, schickt sie mit einem Transport nach Schweden. Dort war Peggy in 12 verschiedenen Pflegefamilien untergebracht, meist getrennt von ihrem Bruder, der mehrere Jahre in einem katholischen Waisenhaus weilte.
“Ich habe auch reichlich gehasst. Zuerst die Täter, dann auch die Opfer, die sich nicht wehrten.” “Chic gemacht, als welterfahrene “ Erwachsene sucht sie später zwei der Täter auf, um sich zu rächen - die herzlose Leiterin aus Bübchens Waisenhaus und jene Milchfrau, die ihre Mutter des Ladens verwiesen und geschlagen hatte.
Sie kann bei der Begegnung den inzwischen alt gewordenen Frauen nichts tun,
“... nur angewidert gehen. Mit weichen Knien und unausgelebtem Hass.” Damit beendet die Auitorin ihren Bericht über “Kindheit”. Kein Grabstein, nur zwei Stolpersteine in Hamburg erinnern an ihre im KZ ermordeten Eltern. Ihnen zu Ehren gibt es jetzt dieses wunderbare Buch.”



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Diese Rezension wurde verfasst von Kra.
Veröffentlicht am 01.01.2010