Kein Horizont zu weit

Autor*in
Flint, Alexandra
ISBN
978-3-7432-1407-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
480
Verlag
Loewe
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Bindlach
Jahr
2023
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
15,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Erst nach einer Weile wird der 20-jährigen Leni klar, dass es sich bei dem angetrunkenen Fremden, der ihr im Dunkeln gegen das Auto gelaufen ist, um Rafe, ihre erste große Liebe handelt. Seit jener Brandkatastrophe vor fünf Jahren, durch die er Vater und Bruder verloren hat, hat Rafe nichts mehr von sich hören lassen. Jetzt ist er unvermutet wieder zurück auf Sylt. Und will so schnell wie möglich wieder weg. Ob die Liebe noch eine Chance hat? Vielleicht. Aber es ist ein sehr langer Weg dorthin.

Beurteilungstext

Autorin Alexandra Flint liebt „ihr“ Sylt. Die Insel, die sie schon als Kind häufig besucht hat, ist auch Schauplatz ihres Romans, der jetzt als erster Band einer New-Adult-Trilogie erschienen ist.
Protagonistin ist die junge Bootsbauerin Leni, die auf der kleinen Bootswerft ihres Vaters Ihre Ausbildung macht. Derzeit hat der Betrieb den ungewöhnlichen Auftrag, für den Neubau des Strandhotels 'Meeresrauschen' im mondänen Ort Kampen eine Bar in Schiffsform zu erstellen. Und in diesem Zusammenhang trifft Rafe (der eigentlich Raphael heißt) in seiner Funktion als Innenarchitekt unerwartet wieder auf Leni. Fünf Jahre sind vergangen seit dem heißen ersten Kuss der beiden, der urplötzlich von einem Anruf unterbrochen worden war: Rafes Mutter teilte ihm mit, dass Vater und Bruder beim Brand des Hotels ums Leben gekommen seien. Alle Versuche Lenis, Rafe nach seinem Verschwinden irgendwie zu kontaktieren, sind bislang fehlgeschlagen. Bei der ersten beruflich bedingten Zusammenkunft zeigt sich Rafe extrem abweisend und frostig. Und trotzdem scheint da noch dieses Quäntchen Anziehung vorhanden zu sein. Leni gelingt es, die eigene Frustration und den Zorn Rafe gegenüber weitgehend für sich zu behalten. Tatsächlich scheint das zarte Pflänzchen Liebe ganz langsam, wieder zu wachsen. Aber bis zum erwarteten Happyend gilt es noch manche Krisen und Stolpersteine zu überwinden.
Natürlich ahnt man bei Flints Roman den letztlich positiven Ausgang der dramatisch begonnenen Liebesbeziehung. Doch die Autorin lässt sich viel Zeit, die beiden Charaktere samt Vorgeschichte ausführlich vorzustellen. Manches erscheint dabei etwas übertrieben. Zwar lässt sich nachvollziehen, dass Rafe durch den familiären Verlust stark traumatisiert ist. Aber der unwirsche Umgang mit seiner damaligen großen Liebe und seine nahezu kompromisslose Ablehnung, die belastenden Ereignisse der Vergangenheit aufzuarbeiten, muten mitunter doch eher realitätsfern an. Dagegen erweist sich Lena als deutlich stärkere Persönlichkeit. Auch sie muss eine Achterbahn starker Gefühlsschwankungen verkraften, aber sie hat ein klares Ziel im Auge, das sie zielstrebig gegen alle Widerstände angeht. Sie möchte, dass Rafe sein Trauma überwindet, auch, indem er sich ihr gegenüber öffnet. Der Autorin ist es gut gelungen, diese enormen zwischenmenschliche Spannungszustände verständlich zu vermitteln.
Der immense Wert einer unbedingt verlässlichen Freundschaft und einer Einbindung in eine funktionierende Gruppe wird durch Lenas Mädchenclique „E.M.I.L.“ betont: Die vier „besten Freundinnen“ Elisa, Mali, Ida und Leni können sich mich sämtlichen Problemen, auch hinsichtlich privater Beziehungen, austauschen und halten unter allen Umständen zusammen, auch wenn sie alle ganz unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen haben und eine von ihnen sogar in Australien gelandet ist.
Der Text ist sprachlich unkompliziert und eingängig geschrieben. Die Content Note am Schluss (S. 479) ist eine vorsichtige Warnung vor „potenziell triggernden Inhalten“, die möglicherweise als emotional belastend empfunden werden könnten. Sie dürfte angesichts einer feinfühligen Ausdrucksweise weitestgehend überflüssig sein. Zwar geht der Roman schwerpunktmäßig auf das Auf und Ab der Gefühle ein, was gewiss manche Leserinnen (mit Zielgruppe ab 16 Jahren) auch zu Tränen rühren mag. Er verzichtet aber wohlweislich auf ausmalend detaillierte Beschreibungen etwa der Brandkatastrophe oder näherer Einzelheiten der ersten sexuellen Intimitäten von Leni und Rafe. Ob die hinreißende Romanze auch männliche Leser begeistern kann, bleibt indes eher fraglich.

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Diese Rezension wurde verfasst von Gerd Klingeberg; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 14.02.2023