Jesus, Jeschua, Iesous

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Grundfragen der Religion

Beurteilungstext

Wie passt ein Buch über den "Gründer" der christlichen Kirchen in eine Zeit, wo jeder Gottesbezug aus der europäischen Verfassung gestrichen wird und eine Art "Kulturkampf" des sog. "christlichen Abendlandes" mit den islamischen Ländern und Menschen tobt, der bis zum Terrorismus geht? Aber ist dieses Buch eigentlich "fromm"?
Schon der tatsächliche Titel stellt das in Frage. Er nimmt nämlich schon mit den verschiedenen Schreibweisen des Namens Bezug auf die Herkunft und Auswirkung der Person Jesus / Jeschua / Iesous in gleich drei Weltreligionen, dem Judentum, dem Islam und dem Christentum. Und so wie diese weltanschaulich neutralisierte Schreibweise versteht sich das ganze Buch nicht als Katechismus oder Glaubenszeugnis, sondern hinterfragt alles, was man an Informationen, Wissen und Vorstellungen über diese Figur Jesus kennt.
Dass dabei so manche liebgewordene "Wahrheit" über Bord geworfen werden muss und die Unorthodoxie geradezu zum Leitprinzip erhoben wird, war doch aber eigentlich bei dem Team der "Sendung mit der Maus" nicht anders zu erwarten, oder?
Kapitel für Kapitel arbeitet sich das dreiköpfige Autorenteam von den Wurzeln der Vorstellungen und Prophezeiungen im Judentum über die Fragen der Herkunft, Verwandtschaft und Geburts- und Lebensumstände voran, überprüft historische Belege und Streitfälle der Überlieferung und Auslegung und Wahrscheinlichkeiten der Datierung. Das ist fesselnd und spannend gemacht, im steten Wechsel zwischen den Lebensstationen Jesus' und Hintergrundinformationen. Fiktive Erlebnisberichte aus der Zeit wechseln mit synoptischen Vergleichen der evangelistischen Redakteure, oft werden mehrere Erklärungsmöglichkeiten angeboten, doch auch deren Wahrscheinlichkeit wird bewertet.
So entsteht nicht nur ein verständliches und möglichst realitätsnahes Bild der historischen Gestalt, sondern auch des politischen und ideologischen Umfeldes und der Absichten bestimmter überlieferter Schwerpunkte in der Berichterstattung.
Es entspricht der aus dem TV gewohnten Grundeinstellung, dass es erkennbar weder um Verherrlichung noch um Denkmalsschändung geht, vorurteilsfrei und mit wachem Blick werden nur wissenschaftliche Erkenntnisse und ebenso gesunder Menschenverstand eingesetzt, um fast zwei Jahrtausende von Vernebelung, Akzentuierung und absichtsvoller Uminterpretation zu durchdringen und den eigentlichen "wahren" Jesus zu finden. Dass auch der Jesus des Glaubens und der Kirche Wahrheiten enthält, fällt genauso wenig unter den Tisch wie die dramatischen Folgen, die die neutestamentliche Darstellung der Rolle der Juden bei der Verurteilung und Hinrichtung des "Rebellenführers" Jesus bis in die jüngste Vergangenheit spielten, wenn Judenmord und verfolgung Begründungen brauchten.
Es erscheint theoretisch sehr knifflig, eine solche Vielzahl von Themenbereichen, noch dazu manchmal recht trocken klingende, in ein für junge Leser geeignetes Buch zu verpacken, aber Armin Maiwald und seine Mitstreiter wären nicht eben sie, wenn das nicht auf bewundernswerte Art und Weise gelänge. So entsteht ein buntes und abwechslungsreiches Panorama, das sich oft spannend wie ein Krimi liest, dazu informativ wie ein hervorragendes Sachbuch und oft so persönlich ansprechend, dass man sich in einer privaten Unterhaltung wähnt. Dazu kommt eine informative und stimmungsvolle Bebilderung, gemischt aus Fotos und Gemälden, aber auch Zeichnungen voller Zeitkolorit.
Ich wüsste keine Altersgruppe ab etwa 10 Jahren, die nicht von diesem Buch begeistert sein müsste. Wann gibt es mehr in dieser Reihe, in der schon eine Columbusbiografie erschien?