Insel der Waisen

Autor*in
Snyder, Laurel
ISBN
978-3-95854-146-7
Übersetzer*in
Martins, Elisa
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
299
Verlag
Mixtvision
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2020
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
17,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Neun Waisen leben auf einer einsamen Insel. Ihr Zusammenleben ist nach festen Regeln organisiert. Als ihre Zeit gekommen ist, die Insel als Älteste zu verlassen, widersetzt sich Jinny und bringt damit die gesamte Gruppe und ihr Zusammenleben aus den Fugen.

Beurteilungstext

Auf einer einsamen Insel leben neun Kinder zusammen. Jedes Jahr bringt ein ferngesteuertes Boot ein neues, junges Kind auf die Insel. Dafür steigt das älteste Kind ins Boot und fährt davon. Woher die Kinder kommen und wohin sie fahren, wird nicht aufgelöst. Das Kind, das nun das älteste auf der Insel ist, übernimmt die Fürsorge und Erziehung des neuangekommenen Kindes. Die Waisen leben in Hütten, haben eine kleine Kochstelle und ernähren sich von dem, was ihnen die Insel und das Meer bieten. Jedes Kind hat seine Aufgabe und bringt sich mit seinen Stärken und Schwächen in die Gemeinschaft mit ein. Die Waisen haben Rituale entwickelt, zum Beispiel das Ablegen ihrer Schuhe nach der Ankunft an einem bestimmten Ort. Die Herkunft der Rituale ist den Waisen nicht bekannt. So leben die Kinder zusammen, ganz auf sich allein gestellt, in einem Geflecht aus Alltag und Gewohnheiten, aber stets auch begleitet von der Frage nach der Herkunft, der Zukunft und der eigenen Bestimmung. Nach der Abfahrt von Deen, Jinnys Vertrautem, widersetzt sich Jinny dem System. Sie bittet Deen eindringlich, zu bleiben und hinterfragt nach seiner Abfahrt die Regeln des Kommens und Gehens immer wieder. Die Erziehung des ihr zugewiesenen Kindes läuft nicht nach ihren Vorstellungen und sorgt auch in der Gruppe immer wieder für Unruhe. Nach einem Jahr kommt ein neues Kind an, aber Jinny weigert sich, die Insel zu verlassen. Sie nimmt auch dieses Kind in ihre Obhut und verwehrt damit dem eigentlich ältesten Jungen Ben damit seinen Zögling. Zudem vernachlässigt sie ihre Aufgabe, Ben in die Rolle des Ältesten einzuweisen und ihm Ratschläge zu geben. Jinnys Regelbrüche haben Folgen, die sie und die Gruppe massiv belasten.
Die Insel symbolisiert einen in sich geschlossenen Lebenskreis, welcher von äußeren Einflüssen abgeschirmt ist, bis auf das einmal im Jahr eintreffende Boot. Zunächst muss man sich hineindenken in dieses gesellschaftliche Konstrukt. Neun Kinder, vollkommen losgelöst von Erwachsenen und allein mit der Verantwortung für sich selbst und die Gruppe. Neun vollkommen unterschiedliche Charaktere treffen aufeinander, die einen verantwortungsbewusst, die anderen wild oder sich gegen die Regeln auflehnend. Jinny gehört zu letzteren. Sie hinterfragt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in all ihren Aspekten. Sie gibt sich nicht zufrieden mit dem, was die Kinder wissen. Sie möchte Kenntis haben über ihr Herkunft und das, was sie nach der Reise mit dem Boot erwartet. Als sie den Brief eines Mädchens findet, das lange Zeit vor ihr auf der Insel gelebt haben muss, finden ihre Gedanken gar keine Ruhe mehr. Durch diese geistige Unstetigkeit vernachlässigt Jinny jedoch auch ihre Aufgaben und Pflichten. Sie fühlt sich überfordert und zieht sich zurück, übersieht dabei aber, welchen Schaden sie bei den anderen anrichtet. Ihr Egozentrismus wirkt sich negativ auf die gesamte Gruppe aus. Zudem schüren Weissagungen, welche sich die Kinder immer wieder erzählen, das Unbehagen aller, denn auf einen Regelbruch folge ein großes Unglück.
Dieser Roman ist so facettenreich und außergewöhnlich, dass die Gedanken, die sich einzelne Leser*innen machen werden, nur ansatzweise selbst erfasst werden können. Jinny, kurz vorm Erwachsenwerden, fühlt sich machtlos, überfordert, verantwortlich und fürsorglich gegenüber ihrem Mündel. Sie kann diesen Anforderungen nicht gerecht werden und wird überrannt von ihren Gedanken und Gefühlen. Ebenso kann es einem beim Lesen dieses Buches gehen, das einen ganz und gar in eine eigene Welt und ein faszinierendes Gedankenspiel einlädt. All die offenen Fragen, die sich einem immer wieder beim Lesen stellen, sind dabei nur eine Herausforderung an die eigenen Gedanken und Erfahrungen und lassen einem das Buch lange im Gedächtnis verweilen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von kst; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 01.04.2022

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