Ins ewige Eis! Nordpol und Südpol in einem Jahr

Autor*in
Loth-Ignaciuk, Agata
ISBN
978-3-8369-6148-6
Übersetzer*in
Traupe, Dorothea
Ori. Sprache
Polnisch
Illustrator*in
Ignaciuk , Bartlomiej
Seitenanzahl
96
Verlag
Gerstenberg
Gattung
BiografieBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Hildesheim
Jahr
2022
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFachliteraturFreizeitlektüre
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Buch erzählt die packende Geschichte des polnischen Polarforschers Marek Kamiński, der im selben Jahr sowohl den Nordpol als auch den Südpol erreichte. Zusammen mit einem Begleiter machte er sich 1995 auf den Weg in die Arktis, danach auf sich allein gestellt in die Antarktis. So erfüllte er sich den Traum seiner Kindheit. Mit ausführlichen Schilderungen und anschaulichen Illustrationen gibt es viele Informationen über die Polargebiete und über die Vorbereitungen und Erfahrungen Kamińskis.

Beurteilungstext

„Ein fast 1000 Kilometer langer Marsch ins ewige Eis. Bei bis zu minus 50 Grad. Alles Gepäck - vom Zelt bis zur Zahnbürste - auf einem 120 Kilo schweren Schlitten. Trotz aller Strapazen immer weiter bis zum Ziel: dem Pol.“ So fasst der Verlag den Inhalt des Buches zusammen.

Im Mittelpunkt steht der Polarforscher Marek Kamiński, der schon als Junge davon träumte, „die Welt zu bereisen und Menschen anderer Länder kennenzulernen.“ In seiner Kindheit – er ist 1964 geboren – gab es jedoch kaum Möglichkeiten zu reisen und auch noch kein Internet. So begann er Brieffreundschaften mit Kindern aus anderen Ländern, las Geschichten über Expeditionen und fing an für seine erste Reise zu sparen. Die führte ihn als 15-Jährigen auf einem Frachtschiff nach Dänemark. Das Geld dafür hatte Marek sich u.a. als Erntehelfer und Fensterputzer selbst verdient. Als junger Mann bereiste er Afrika, Mexiko und Europa. „Wann immer er konnte, war er unterwegs.“ Als Erwachsener begann er sich für die Arktis zu begeistern.

Agata Loth-Ignaciuk und Bartlomiej Ignaciuk schildern in diesem Buch packend die aufwändigen Vorbereitungen Marek Kamińskis und den Ablauf der beiden Expeditionen, die voller Mühsal und Gefahren waren. Der Polarforscher und sein Gefährte Wojtek Moskal waren dabei vollständig auf sich selbst und ihre Kraft angewiesen, mussten den Transport und die Ausrüstung selbst organisieren, hatten keine Hilfe von außen, nahmen weder Motorschlitten noch Hunde mit. Da wird kein Detail der Expedition ausgelassen, ob es sich nun um die Beschaffung und Art der Ausrüstung, um die Entstehung und Überquerung von Eisspalten und Eisbergen oder um den Tagesablauf der Abenteurer und ihre Kleidung und die „Polarküche“ dreht. Die wenigen dort lebenden Tiere werden vorgestellt, Möglichkeiten der Kommunikation erklärt, über Glücksmomente, Notlagen und die Kraft der Gedanken berichtet.

Kamińskis Erlebnisse und die wechselnden Gefühle der Abenteurer werden spannend und nachvollziehbar geschildert, es wird deutlich, dass auch scheinbar kleinere Probleme wie Zahnschmerzen oder Blasen an den Füßen, die ununterbrochene Helligkeit oder ein kaputter Schuh eine Expedition scheitern lassen können. Bei der Schilderung von Kamińskis Solo-Expedition in die südliche Polarregion spielen seine Gemütslage und Gedankenwelt eine wichtige Rolle. So haben ihm zum Beispiel die Lektüre von „Herr der Ringe“ und die imaginäre Welt Tolkiens geholfen die Einsamkeit auszuhalten. Durch die Erinnerungen an vergangene Feste und an seine Familie und die Freunde gelang es ihm Weihnachten zu einem für ihn ganz besonderen Tag zu machen.

Dies alles erzählt Agata Loth-Ignaciuk verständlich, spannend und voller Empathie, manchmal auch mit einem Augenzwinkern. So träumen die Abenteurer bei ihren eintönigen Mahlzeiten von Schillerlocken und Chicken Wings und freuen sich auf ihre tägliche Schokolade, deuten bizarre Schnee- und Eisformen als Fabelwesen und können in der Nacht ihre Urinflasche auch noch als Wärmflasche nutzen.

Nun sind da aber auch die wunderbaren und einzigartigen Illustrationen von Bartlomiej Ignaciuk. Er beschränkt sich bei seinen Zeichnungen auf Blautöne, Schwarz-Weiß und Orange, wählt mal ganzseitige, großformatige Bilder, mal eine Erzählfolge ähnlich einer Graphic Novel, mal eine sachliche Auflistung oder eine informative, eher wissenschaftliche Zeichnung. Es gelingt ihm hervorragend, die Weite der Landschaft einzufangen, die Gefühlslage der Handelnden wiederzugeben, das Erzählte verständlicher zu machen. Ignaciuk schafft es die Lesenden zu fesseln, sie dicht an das Geschehen zu führen und sich mit den Forschern zu identifizieren.

So ist ein faszinierendes Sachbuch entstanden, das zugleich Biographie und Abenteuergeschichte ist und nicht nur Kinder ab etwa 10 Jahren begeistern wird. Auch Jugendliche und Erwachsene, die sich für Grafik und/oder Reiseberichte interessieren, werden Freude an diesem besonderen Buch haben.
2019 ist von Agata Loth-Ignaciuk und Bartlomiej Ignaciuk bereits ein weiteres Buch mit einer ähnlichen Thematik erschienen: In „14000 Meilen über das Meer“ berichten sie über die abenteuerliche Atlantik-Überquerung des Polen Aleksander Doba im Kajak. „Ins ewige Eis“ wurde in diesem Jahr bereits ausgezeichnet, die „Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur“ wählte es zum „Umwelt-Buchtipp“ des Monats August 2022.

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Diese Rezension wurde verfasst von Dagmar Haunert; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 23.10.2022