Infernia

Autor*in
Olsberg, Karl
ISBN
978-3-7432-1384-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
368
Verlag
Loewe
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuchScience Fiction
Ort
Bindlach
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
16,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Emma verbringt ihre Zeit häufig in der virtuellen Realität von Computerspielen, die inzwischen kaum noch vom wahren Leben zu unterscheiden ist. Kompliziert und verwirrend wird es, als Emma Gefühle für eine offensichtlich empathische Spielfigur entwickelt. Ist das nur KI? Oder doch ein echter Mitspieler? Und darf man die in den Spielen herrschende Gewalt eigentlich einfach so hinnehmen? Als Emma anfängt, die Rechte der Figuren zu hinterfragen, kommt sie einem gefährlichen Geheimnis auf die Spur.

Beurteilungstext

Karl Olsberg hat über KI (Künstliche Intelligenz) promoviert, kennt sich daher bestens aus mit allem, was bei dieser technischen Entwicklung in der Zukunft zu erwarten sein dürfte. KI spielt daher eine entscheidende Rolle in seinem neuen Future-Fiction-Roman „Infernia“. Zeitlich ist das geschilderte Geschehen in etwa in der Mitte dieses Jahrhunderts einzuordnen, möglicherweise aber auch schon früher, da vieles, was Olsberg beschreibt, bereits existiert oder sich in Planung befindet.
Protagonistin und Ich-Erzählerin ist die 15-jährige Emma. Sie verbringt viel Zeit mit dem stark angesagten Computerspiel Infernia. So viel, dass ihre Mutter sie bereits für spielsüchtig hält. Mit ihrem neuen Freund Ben kann Emma die allerneueste Spielversion ausprobieren. Wenn sie dabei ein Simrig benutzt, fühlt es sich so an, als wäre sie tatsächlich in einer ganz anderen Welt. Als sie wieder einmal versucht, ihren Level zu steigern, trifft sie auf eine Spielfigur, die ungewöhnlich starke menschliche Eigenschaften zu haben scheint. Emma, die zunehmend Sympathie für diesen Leutnant Jero empfindet, fragt sich, ob die KI bereits derart weit fortgeschritten ist, oder ob nur ein menschlicher Spieler dahinter steht. Es stellt sich die Frage, ob eine computer-simulierte Figur wirkliche Gefühle entwickeln und spüren kann; wenn ja, dann wäre die Gewalt, die bei diesen Games herrscht, nicht länger akzeptabel. Um Jero aus lebensbedrohlicher Situation zu retten, startet Emma sogar eine Online-Kampagne gegen derartige, in Games allzu oft vorherrschende Brutalität, muss dabei aber auch Bens offensichtliche Eifersucht ertragen, der davon ausgeht, dass sich Emma in Jero verliebt habe. In Mario, der sich bestens in allen Computertricks und Spielen auskennt, hat sie einen mutigen Mitstreiter bei ihrer Aktion, die schon bald ungeahnte Ausmaße und höchst gefährliche Konsequenzen nach sich zieht.
In Karl Olsbergs Roman wird nicht nur eine ungemein spannende Geschichte erzählt. Der kenntnisreiche Autor stellt vor allem Fragen im Hinblick auf die Konsequenzen, die die Entwicklung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz mutmaßlich mit sich bringen. Es sind teils philosophische Fragen; etwa die nach dem Bewusstsein und der Eigenwahrnehmung künstlich generierter Figuren. Gibt es echte Unterschiede zwischen menschlichen Gefühlen und denen von Spielfiguren? Kann eine Spielfigur begreifen, dass sie lediglich als Computersimulation existiert? Was empfindet sie, wenn sie verwundet, getötet oder einfach weggelöscht wird? Und welche Folgen hat es für die agierenden Spieler angesichts derart lebensecht wirkender Aktionen? Müssen sie Schuldgefühle gegenüber den Figuren haben? Es ist eine Vielzahl unterschiedlichster und komplexer Problemfelder, die der Autor in der angesprochenen Thematik behandelt.
Olsberg hat allerdings keine Patentantworten parat, das würde ihn ohnehin nur unglaubwürdig machen. Mit seiner profunden Kenntnis der Materie warnt er indes davor, die Möglichkeiten und Folgen der KI zu unterschätzen. „Was ihr uns antut, tut ihr euch selbst an“ (S. 304) behauptet eine Spielfigur gegenüber Emma. Und später heißt es seitens der Spielentwicklerin Olga: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir Menschen klug genug sind, um mit einer Technologie umzugehen, die viel mächtiger ist als wir selbst“ (S. 348). Tatsächlich erinnert das geschilderte Geschehen an Goethes „Zauberlehrling“: "...die ich rief, die Geister...". Jedenfalls geht Olsberg davon aus, dass ein simples Abschalten der KI ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr möglich sei bzw. von der KI aktiv verhindert wird, wir demnach mit allen Konsequenzen dieser Entwicklung leben müssen. Andererseits beschreibt er die KI als „menschlicher als wir Menschen“, immerhin eine etwas tröstliche Aussicht und zugleich vielleicht auch eine Chance für ein konfliktärmeres Leben der Menschheit.
„Infernia“ besticht durch seinen äußerst spannenden Handlungsablauf. Die philosophischen und bis ins Religiöse reichenden Problemstellungen wirken dabei niemals aufgesetzt oder belehrend, sondern ergeben sich nahezu selbstverständlich aus dem Geschehen heraus.
Die angesprochene Thematik setzt eine gewisse Kenntnis über Computer-Games voraus, ist jedoch auch ohne entsprechendes Vorwissen noch gut nachvollziehbar. Aufgrund der zunehmenden Relevanz von KI in nahezu jedem Lebensbereich ist das Buch bestens als Lektüre geeignet für alle Altersgruppen ab 14 Jahren; es kann auch als ausgezeichnet verwendet werden als schulische Diskussionsgrundlage für die Mittel- und Oberstufe sowie für thematisch interessierte Jugendgruppen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Gerd Klingeberg; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 01.03.2023

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