Im Jahr des Honig Kuckucks

Autor*in
Glass, Linzi
ISBN
978-3-446-23511-3
Übersetzer*in
Gümther, Herbert
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
251
Verlag
Hanser
Gattung
Ort
München
Jahr
2010
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 12-jährige Emily ist anders als ihre Mutter sie gern hätte. So muss Emily schon früh lernen, was es heißt, nicht beachtet und auf sich allein gestellt zu sein. Die Eltern sind mit sich selbst beschäftigt und versuchen, durch Fremde, die sie bei sich aufnehmen, von ihren eigenen Problemen abzulenken. Zu spät werden sie gewahr, in welche Gefahr sie ihre beiden Töchter bringen. Emily muss die große Krise ihrer Familie meistern und wird somit jäh aus ihrer Kindheit vertrieben.

Beurteilungstext

Linzi Glass Roman kommt romantisch verträumt daher, in die wunderschöne, scheinbar idyllische Umgebung von Johannesburg eingebettet. Doch schon bald eröffnet sich ein Tableau abgründiger seelischer wie körperlicher Gewalt, mit der die Protagonistin Emily konfrontiert und allein gelassen wird. Die Eltern streiten und verachten sich, die Mutter geht fremd und ist nicht einmal darauf bedacht, dies vor ihren Kindern zu verheimlichen. Die Mutter verachtet auch Emiliy, die sich nicht für Mode interessieren will und nicht so hübsch, wie die viel perfekter, ältere Schwester Sarah ist. Der Zulu-Nachwächter Buza ist Emilys einziger wirklicher Freund, der ihr mit Rat und Tat zur Seite steht und immer ein offenes Ohr für sie hat. Doch auch gegen ihn richtet sich Gewalt, die Gewalt der Weißen gegen einen alten Mann, den Emily über alles liebt und dem sie doch nicht zur Seite stehen kann.
Die Eltern wollen von ihren Problemen ablenken und nehmen eine Zigeunerfamilie mit zwei Jungen auf. Einer der beiden ist geistig behindert und wird von seinen Eltern regelmäßig geschlagen und misshandelt. Auch hier muss Emily tatenlos zusehen, da ihr Vater, dem sie sich anzuvertrauen versucht, kein offenes Ohr für sie hat. Die große Schwester Sarah nimmt sich dem behinderten Jungen Otis fürsorglich an, ohne zu merken, dass dieser sich mehr und mehr in sie verliebt. Auch Emily findet in dem zweiten Zigeunerjungen einen Verbündeten und verliebt sich zum ersten Mal. Die unbeholfene Beziehung der beiden wird je zerschlagen, als Sarah von Otis brutal vergewaltigt wird. Rohe Gewalt und unkontrollierte Grausamkeit stürzen nun von allen Seiten auf die beiden Mädchen ein. Sarah kann sich ihren Eltern nicht anvertrauen, die wiederum ihr verändertes Benehmen nicht registrieren. Sarah schottet sich mehr und mehr ab und ertrinkt schließlich im nahegelegenen See. Ob es sich hierbei tatsächlich um einen Unfall, oder um einen in Kauf genommenen Freitod handelt, bleibt unklar.
Emily bleibt allein in ihrer zerrütteten Familie zurück. Den Eltern wird erst jetzt die gesamte Katastrophe gewahr. Der Vater will sich an der Zigeunerfamilie rächen, die längst über alle Berge ist. Somit reagieren die Eltern nach ihrem gewohnten Ablenkungsmanöver und beschließen Hals über Kopf den Umzug aus der gewohnten Umgebung. Für Emily bedeutet dies nicht nur Abschied von ihrem liebgewonnenen Lebensumfeld, sondern vor allem von Buza, ihrem engsten Vertrauten.
Das Buch bietet mit den hier in aller Kürze skizzierten Themen eine Fülle hoch sensibler, schwerverdaulichen Krisen von Adoleszenz. Minderwertigkeitsgefühle, Vergewaltigung, Selbstmord bzw. Verlust der Schwester, sowie Untreue der Eltern verbunden mit Fremdenhass und Gewalt. Auch wenn der Roman diese schwierigen Themen mit der nötigen Sensibilität behandelt und durchaus glaubhaft schildert, lässt ihre hohe Konzentration die Geschichte doch schwer verdaulich werden. Eine kompetente Begleitung bei der Lektüre scheint daher in jedem Falle angebracht.
Sicher hilft die einfühlsame Sprache, die Emilys Innerstes eindrucksvoll offenbar beim Verstehensprozess. Ebenso wird deutliche Sympathie für den Zulu-Nachtwächter erzeugt, dessen Sprache auch im Glossar im Anhang erläutert wird, dennoch trifft die rohe seelische und körperliche Gewalt, die Emily miterleben muss, den Leser durchaus hart und erfordert intensive Auseinandersetzung.
Im Jahr des Honigkuckucks ist daher eine sehr empfehlenswerte, wenn auch sicher keine angenehme Lektüre, die ihre Leser in hohem Maße fordert und einen düsteren Blick auf die Welt der Erwachsenen wirft.

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Diese Rezension wurde verfasst von SZ.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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