Im Ghetto gibt es keine Schmetterlinge

Autor*in
Corradini, Matteo
ISBN
978-3-570-40355-6
Übersetzer*in
Ickler, Ingrid
Ori. Sprache
Italienisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
288
Verlag
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2017
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,99 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Teaser

Das Buch zeichnet die wahre Geschichte einer Gruppe von jüdischen Kinden im KZ Theresienstadt nach. Sie haben eine Zeitschrift namens "Vedem" gegründet, in der sie ihre täglichen Eindrücke sowie Material weiterer Lagerinsassen verschriftlichen und publizieren.

Beurteilungstext

Schon die Sprache der Einleitung wirkt bemüht und fällt pathetisch aus. Hier, wie auch im weiteren Verlauf, mag das an der Übersetzung liegen. Neben einiger merkwürdiger Lexik sind es auch die Satzstrukturen und häufigen Wiederholungen, die nicht so recht zur deutschen Sprache zu passen scheinen. Das Buch ist leider unpräzise erzählt. Die Sprachbilder wären gern poetisch, bleiben jedoch beliebig und blass. Man erahnt, was der Autor in einigen Passagen plante und kann lesend zuschauen, wie nichts davon funktioniert.

Wenn der autodiegetische Erzähler von einem Frühstück bei seinen Eltern träumt, um dann ohne Übergang wieder gedanklich in Theresienstadt anzukommen, verpufft der noch so gute Wille, dem Leser wirkmächtige Literatur anzubieten. Ein prototypisches Kapitel beginnt mit so einem Traum, der zuerst nicht als Traum markiert wird, dann folgen mehrere unmotivierte Schauplatzwechsel und zum Schluss wird uns in sprachlich wenig gelungenen Vergleichen mitgeteilt, wie schlimm es in Theresienstadt war. Diese sich immer wiederholende Idee der Träume wird tatsächlich bis zum Schluss beibehalten. Das stiftet Verwirrung und Langeweile. Die Geschehnisse außerhalb der Träume sind jedoch auch unscharf dargestellt. Die Geschichte ist derart inkohärent und sprunghaft, dass man sich oft fragt, mit welchem Ziel die Jungs nachts ihr Leben im Ghetto umherziehend riskieren. Auch nach mehrmaligem Lesen gibt der Text keine Auskunft.
Im nächsten Absatz ist man dann sowieso wieder in der Schule, wo sich natürlich eine Liebesgeschichte anbahnt. Der Text hat zudem so wenig logische Konsistenz, dass oft schon der übernächste Satz zum Widerspruch führt. Aus all dem resultiert, dass kaum Spannungsbögen zu identifizieren sind. Auch die Übergänge zwischen den Episoden sind unklar und verwaschen, was den Text vollends eher assoziativ als strukturiert wirken lässt. Diese mangelnde Struktur scheint nicht intendiert zu sein. Im Kopf des Erzählers ist eher zu viel eindimensionale Ordnung. So schließt er seine Banalitäten ständig mit Sätzen wie "Es ist eben so." ab. Diese Trivialitäten werden der Historie nicht im Ansatz gerecht. Selbst eingeschobene Binnenerzählungen bieten nur triviale, wenig reizvolle Möglichkeiten parabolischen Verstehens.
Das Buch ist ein Ärgernis, gerade weil der historische Stoff so viel hergibt. Von den 100 Jungen, die an der Zeitschrift arbeiteten, überlebten nur 15 den Holocaust. Ihre Liebe zu Texten und zur Kunst wurde von ihrem 28-jährigem Lager-Lehrer Valtr Eisinger beflügelt. Auch er wurde von den Nationalsozialisten umgebracht. Vielleicht hätte sich der Autor, Geschichtsdidaktiker, für das Schreiben eines Sachbuchs entscheiden sollen. Seine erzählerischen Fähigkeiten eignen sich offenbar nicht, um so ein auf vielen Ebenen schwieriges Thema literarisch für Jugendliche aufzubereiten.

Marco Magirius

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von mma; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 13.02.2018

Weitere Rezensionen zu Büchern von Corradini, Matteo

Corradini, Matteo

Im Ghetto gibt es keine Schmetterlinge - Ein Roman über die Kinder in Theresienstadt

Weiterlesen
Corradini, Matteo

Im Ghetto gibt es keine Schmetterlinge - Ein Roman über die Kinder von Theresienstadt

Weiterlesen