Im Gedächtnis der Zeit

Autor*in
Lester, Julius
ISBN
978-3-7725-2299-4
Übersetzer*in
Renfer, Christoph
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Carr, Richard
Seitenanzahl
236
Verlag
Freies Geistesleben
Gattung
BiografieErzählung/Roman
Ort
Stuttgart
Jahr
2007
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,50 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der vafro-amerikanische Autor vermischt übernatürliches und realistisches Geschehen in einem Buch des Gedächtnisses an seine toten Vorfahren, die als Sklaven lebten. Das alles wird reflektiert im Denken und Tun des Jungen Nathanael Ekundayo, der ein gespaltenes Bewusstsein besitzt. Vom Schöpfergott Amma ist er dazu bestimmt, das Erbe getöteter Sklaven zu bewahren und Rassenschranken zu überwinden. Seine Liebe zur weißen Ellen endet jedoch tragisch.

Beurteilungstext

Im Nachwort erklärt der Autor: “ Ich habe wohl selten eine Geschichte geschrieben, die so autobiografisch ist wie dieser Roman. Während meines ganzen Lebens als Schriftsteller hatte ich das Gefühl, dass die Geister von toten Sklaven geduldig in meinem Inneren darauf warten, dass ich ihre Geschichte erzählen würde... So kam mir die Idee eines Geistes, der im Bauch einer Afrikanerin auf einem Sklavenschiff nach Amerika gebracht wird.” (S232)
In diesem Sinne wird der jugendliche Ich- Erzähler Nathanael Ekundayo zum Medium, stets auf der Suche nach seinen Wurzeln. Er ist Teil einer langen Geschichte, die den Konflikt zwischen Schwarzen und Weißen aufarbeitet. Sein Urgroßvater, ein Religions- und Stammesführer, wurde in Mali von Kreidegesichtern getötet. Seine schwangere Mutter Amina überstand das Massensterben auf dem Sklavenschiff. Der mitfühlende weiße Kapitän Josiah brachte sie unter Einsatz seines Lebens heimlich an Bord, verliebte sich in sie und bewahrte sie so vor der Sklaverei. Auf wundersame Weise gebiert Amina einen Jungen, der sich als Sklave Nathanael auf einer Plantage befindet. Zum Haussklaven ausgebildet, verliebt er sich in Ellen, die Tochter seines Herrn. Ellen muss aber in die Familie des benachbarten Plantagenbesitzers einheiraten, damit sich der Landbesitz vergrößert. Verfolgt von der Eifersucht der schwarzen Silvie und als “weißer Nigger” verschrien, gerät Nath in eine Außenseiterrolle. Seit Vater Gebriel, ein fanatisierter schwarzer Hassprediger, zwingt Nath im Namen Gottes zur Teilnahme an einem Massaker gegen Weiße, bei dem Ellen ermordet wird. Nath fragt sich : “Wie konnte sie der Gedanke zu töten und zu sterben mit Freude erfüllen? Wussten sie nicht, dass nicht alle Weißen schlecht waren? Die Hautfarbe allein sagt nichts darüber aus, ob ein Mensch gut oder böse ist.” (S.133) In der Bestattungstradition seiner Ahnen kommen die “Nyama”, die als Nebelschwaden herumirrenden Seelen der Toten, erst zur Ruhe, wenn ihnen geschnitzte Holzstatuen gesetzt werden, damit man sich an sie erinnern kann. Nath aber schreibt stattdessen ihre Geschichten auf, weil so die historischen Ereignisse, die Lebensläufe seiner Vorfahren, im “Gedächtnis der Zeit” verbleiben.
Am Beispiel dieser tragischen Liebesgeschichte werden personifiziert in einem umfangreichen Figurenensemble und in einer aktionsreichen Handlung die Rassenkonflikte zwischen Schwarzen und Weißen am Vorabend des amerikanischen Bürgerkrieges offenbart.
Die auf verschiedenen Ebenen spielende Handlung befriedigt unterschiedliche Leseinteressen. Junge Leser finden jugendliche Identifikationsfiguren und viele mit mystischen und phantastischen Elementen durchsetzte Episoden, die an Märchen erinnern.
Eine Gliederung in drei Teile mit jeweils mehreren Kapiteln gestattet abschnittsweises Lesen. Das Glossar enthält kurze Erklärungen zu den mythologischen Begriffen.
Sprachbesonderheiten der Schwarzafrikaner werden in der Übersetzung berücksichtigt, prägen den Satzbau in der mündlichen Rede, ohne das flüssige Lesen zu beeinträchtigen.
Prolog, Epilog und Schlussbemerkungen des Autors unterstreichen die Aktualität und Authentizität des Romans.

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Diese Rezension wurde verfasst von Kra.
Veröffentlicht am 01.01.2010