Ich werde die Bilder im Kopf nicht los

Autor*in
, B.
ISBN
978-3-401-06797-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
151
Verlag
Arena
Gattung
Ort
Würzburg
Jahr
2014
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
9,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Über Jahre wird Anna von ihrem Stiefvater vergewaltigt und geschlagen. Nach außen hält sie ihre Fassade aufrecht, macht ein sehr gutes Abitur, beginnt eine Ausbildung. Doch noch Jahre später, als junge Erwachsene, verletzt sie sich regelmäßig selbst und hat massive psychische und psychosomatische Probleme. Ihr Chef drängt sie zur Anzeige. Es folgen eine wochenlange, zermürbende Beweisaufnahme und ein Verfahren, das alte Wunden aufreißt. Anna kann den furchtbaren Erinnerungen kaum stand halten.

Beurteilungstext

Annas Bericht konzentriert sich auf die Phase nach der Anzeige. Was in Annas Kindheit und Jugend geschehen ist, wird natürlich beschrieben, und einmal mehr fragt man sich, warum kein außenstehender Erwachsener erkannt hat oder erkennen wollte, was in dieser Familie passiert ist. Warum hat niemand Anna und ihrem Bruder geholfen? Der eigentliche Schwerpunkt des Buches liegt aber auf Annas Alltag im Vorfeld des Prozesses. Immer wieder hat sie Gesprächstermine bei der Polizei, wo sie sich “verhört” fühlt. Obwohl alle Beteiligten versuchen, sich freundlich und zurückhaltend zu verhalten, muss Anna sich zu diesen Treffen zwingen. Sie möchte nicht ihre intimsten Erlebnisse und ihr Innerstes vor fremden Menschen ausbreiten - selbst ihre beiden Freundinnen wussten bis zum Prozessbeginn nichts von Annas Missbrauch. Auch Annas Verhältnis zu ihrer Mutter spielt eine wichtige Rolle. Obwohl die Mutter damals vom Missbrauch gewusst hat, hat sie Anna nicht nur nicht geholfen, sondern ihr sogar noch Vorwürfe gemacht. Dennoch sucht Anna den Kontakt zur Mutter und sehnt sich nach deren Liebe. Eine Sehnsucht, die unerfüllt bleiben wird.
“Ich werde die Bilder im Kopf nicht los” ist ein wichtiges Buch, weil es allen Mitmenschen missbrauchter Kinder und Jugendlicher auf einfache Weise verständlich macht, wie ein missbrauchter Mensch “ticken” kann. Für nicht betroffene Menschen ist es schwer nachzuvollziehen, warum Anna, wie so viele andere Opfer auch, nicht alles daran setzt, den Täter hinter Gitter zu bringen. Die Leser müssen erst lernen, dass dieses “Alles-in-Ordnung-Bringen” nicht funktioniert, dass Anna mehr als genug mit sich selbst zu tun hat. Sie hat keine Kraft für einen weiteren Kampfplatz. Anna hat das Gefühl, dass ihr der Weg in ein halbwegs normales Leben gelungen war. Sie empfindet, dass durch den Prozess das bisher Erreichte erneut ins Wanken gebracht wird. Außenstehende sehen, dass sie sich irrt, dass ihr Leben mit der Verdrängung sie möglicherweise in eine psychische Sackgasse führt. Doch ob die erneute Auseinandersetzung mit dem, was geschehen ist, zudem eine fast öffentliche Auseinandersetzung, Anna helfen wird, wird erst die Zukunft zeigen.
“Ich werde die Bilder im Kopf nicht los” kann helfen, die Gesellschaft für die Problematik des Missbrauchs von Kinder zu sensibilisieren. Wie notwendig das ist, zeigt einmal mehr Annas Geschichte.

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Diese Rezension wurde verfasst von Spra.
Veröffentlicht am 01.01.2010