Ich hab jetzt die gleiche Frisur wie Opa

Autor*in
Felhaus, Kathrin
ISBN
978-3-8436-0496-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
120
Verlag
Patmos
Gattung
Biografie
Ort
Ostfildern
Jahr
2014
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die hier versammelten Geschichten stammen von 37 schwerkranken Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen vier und zwanzig Jahren, die sie Kathrin Feldhaus und Margarethe Mehring-Fuchs erzählten. Die Herausgeberinnen fassten sie zu einem Buch zusammen mit unterschiedlichen Lebensgeschichten, glücklichen und traurigen Momenten, Fragen an Gott, Wünschen und Hoffnungen. Es liegt ihm eine CD bei, in dem die Texte von anderen Kindern gesprochen und mit Instrumenten vertont wurden.

Beurteilungstext

Die hier versammelten Geschichten, die in einer Parallelwelt, dem Krankenhausalltag, entstanden sind, stecken voller Leben, Klugheit, Witz, Hoffung, aber auch Realismus und manchmal auch Traurigkeit.
Der Spannung zwischen jugendlicher Energie, Tatendrang und Durst nach Leben steht im krassen Widerspruch zu dem Krankenhausalltag, der in den Texten erahnbar wird, und zu den Diagnosen, die immer wieder erwähnt werden. Jeder Text ist ein Dokument des persönlichen Umgangs mit dieser Situation. Man merkt den Texten nicht an, ob sie von einem Kind oder einem Jugendlichen stammt, sie alle sind nachdenklich, teilweise philosophisch, das Wichtige im Leben immer im Blick.
Da ist Paul, 11 Jahre, aus dessen Text der Titel des Buches stammt ""Ich hab jetzt die gleiche Frisur wie Opa"" und der sich fragt, wie Gott es zulassen kann, dass Kinder Leukämie bekommen. Er habe aber noch Glück gehabt, denn seine Glücksfee sei rechtzeitig aus dem Urlaub wieder gekommen. ""Ich frage mich, was mit den anderen Kindern passiert, bei denen die Glücksfee zum Beispiel auf Tournee ist und nicht rechtzeitig kommen kann.""
Faye, 10 Jahre, die die gleiche Diagnose hat, thematisiert das Verhältnis zu den Ärzten: ""Sie sagten immer, ich soll mich erholen, statt ich soll kämpfen. Wenn ich in dem Moment gewusst hätte, dass ich sterben könnte, hätte ich gekämpft"".
Fabian, 15 Jahre, berichtet über den Alltag auf der Station ""Keiner darf an meinem Bett ohne Mundschutz und Kittel sitzen"" und darüber, dass sich sein Verhältnis zu seiner Mutter verändert hat: ""Zuhause fand ich Mutterliebe ziemlich nervig, heute vermisse ich sie.""
Die Kinder thematisieren die Dinge, die sich mit der Krankheit verändert haben, wie die 16Jährige an Leukämie erkrankte Sevval: ""Ich hatte lange Haare bis zum Po, das war mein Markenzeichen! Ich wollte nicht warten, ich wollte nicht warten, bis ich mir durch die Chemo die Haarbüschel selbst rausziehe, deshalb habe ich beschlossen etwas Krasses zu machen, das ich sonst nie im Leben machen würde, mir die Haare radikal abzurasieren"".
Gleichzeitig berichten die Kinder und Jugendlichen immer wieder von wunderbaren Erlebnissen, etwa wenn man den Duft des Regens riechen kann, ""das war eine Explosion in meiner Nase"", berichtet Fabian, wenn man endlich wieder in eine Salami beißen kann wie Lars-Helmut. Und natürlich gibt es auch die großen Wünsche wie der von Lars-Helmut mit Philipp Lahm gemeinsam ins Stadion zu gehen, oder von Chris über den Bodensee zu segeln.
Die authentischen Texte wurden mit farbigen Bildern versehen, die Zeichnungen stammen oftmals von den Kindern selbst. Es gibt in den Texten immer wieder Anstreichungen, die zentrale Aussagen hervorheben. Kurze Anmerkungen kommentieren die Texte. Den wichtigsten Passagen ist jeweils eine ganze Seite gewidmet. Auf angehefteten Zetteln werden die Krankheiten erläutert. So erfährt man allerhand Wissenswertes über das alveoläres Weichteilsarkom oder das Myelodysplastische Syndrom. Auf einer Art Visitenkarte befinden sich Name und Alter des Kindes, gegebenenfalls zur Krankheit und, ob er oder sie wieder genesen ist, oder unter Umständen auch gestorben ist. Am Ende finden sich leere Seiten, in denen der Leser, die Leserin selbst persönliche Glücksmomente oder eine To-do-Liste für sein oder ihr Leben eintragen kann.
Ein wunderbares Hörspiel, in dem gesunde Kinder die Texte inszenieren, erweitert das Buch. Hier sind die Texte nicht nach AutorInnen, sondern thematisch geordnet, wie z. B. nach ""Glück"", ""Das Wunschkrankenhaus"" und ""Jetzt erst recht"".
Hier liegt ein sehr beeindruckendes Buch vor, dass von 37 Helden und ihren Umgang mit ihrer Krankheit berichtet. Es bietet einen faszinierenden Einblick in die Erfahrungswelt der Kinder und Jugendlichen, die alle offen, unterhaltsam und nachdenklich über das Leben im Allgemeinen und über ihr Leben im Besonderen erzählen. Sie sind bunt wie das Leben ist, voll von Träumen, Sehnsüchten aber auch Ängsten. Jeder dieser Texte ist berührend und ein Dokument einer eindrucksvollen Persönlichkeit.

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Diese Rezension wurde verfasst von SZ.
Veröffentlicht am 01.01.2010