Ich, Coriander

Schlagwörter

• Gender/Geschlecht
• Historisches

Teaser

London im 17. Jahrhundert: Coriander Hobie verlebt eine glückliche Kindheit, die mit dem plötzlichen Tod ihrer Mutter endet. Der Vater, wie in einen bösen Bann geschlagen, heiratet eine hässliche und grausame Frau, die dem Prediger Arise hörig ist. Für Coriander beginnt ein Martyrium. Als sie eines Tages in eine Truhe gesperrt wird, stirbt sie nicht, sondern gelangt in ein Feenreich. Hier liegen die Ursprünge ihrer Mutter, und hier erwartet sie die Aufgabe, dieses bedrohte Reich zu retten.

Beurteilungstext

Fantasyromane gibt es wie Sand am Meer, und darunter sind sicher viele, in denen das fantastische Element eindrucksvoller und überzeugender beschrieben wird als in Ich, Coriander. Einige logische Fragen bleiben unbeantwortet, so auch, warum nicht Corianders Mutter der bösen Herrscherin im Feenreich den Garaus machen konnte, obwohl sie doch über dieselben magischen Mittel wie ihre erfolgreichere Tochter verfügte. Corianders Mutter, die rechtmäßige Prinzessin des Feenreiches, schwört aus Liebe zu Corianders Vater ihrem magischen Leben ab, während Coriander zwischen den Welten wandeln kann. Coriander gelingt es schließlich, diese beiden Welten zu vereinigen, indem sie das Feenreich und damit den Prinzen Tycho rettet, worauf er in ihre reale Londoner Welt kommt und ihr seine Liebe gesteht, ohne dass der Leser erfährt, wie sich ihr gemeinsames Leben in beiden beziehungsweise zwischen beiden Welten fortan gestalten wird.
Was andere Fantasyromane allerdings nicht haben und was Ich, Coriander besonders macht, sind die historischen Bezüge. Die Jahre, die Coriander im von Oliver Cromwell regierten London verbringt und in denen sie ebenso wie das ganze Land unter der rigiden protestantischen Herrschaft leidet, wie sie das Opfer eines machthungrigen Philister wird, sind sehr überzeugend gezeichnet, ebenso wie die Schilderung des täglichen Lebens, der Handwerker, des Straßenbildes allgemein. Ein vierseitiger Anhang am Ende des Buches gibt Zusatzinformationen, die helfen, die Handlung des Romans geschichtlich besser einzuordnen. Wir erfahren, wie es zu Cromwells Machtergreifung und dessen Scheitern kam. An dieser Stelle ist der Roman innovativ und raffiniert: Historische, chronologische Zeit wird der individuellen Lebenszeit Corianders gegenübergestellt, die ihren eigenen Gesetzen, nämlich denen des Feenreichs, in dem Zeitsprünge möglich sind, gegenübergestellt.
Der Roman ist in sechs Teile und insgesamt 35 Kapitel aufgeteilt. Sie sind in Ich-Form von Coriander retrospektiv geschrieben. Die einzelnen Teile enden jeweils mit den Worten: "Damit ist der erste (zweite, dritte, vierte …) Teil der Geschichte erzählt und eine weitere Kerze erlischt." Die Sprache ist lyrisch, ohne übertrieben antiquiert zu sein. In Kapitel 20 und 21 ändert sich die Erzählperspektive, indem Hester zu Wort kommt, die Tochter der zweiten Frau von Corianders Vater, die im Laufe der Handlung Corianders Freundin wird. Überhaupt gewinnt in beiden Welten das Gute auf ganzer Strecke und verliert das Böse.
Fazit: Ein Fantasymärchen, das sich über mehrere Jahre erstreckt und das dennoch am meisten durch seine spannende, reale Handlung im London des 17. Jahrhunderts überzeugt.