Himmelwärts
- Autor*in
- Köhler, Karen
- ISBN
- 978-3-446-27922-3
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Davies, Beatrice
- Seitenanzahl
- 192
- Verlag
- Hanser
- Gattung
- Buch (gebunden)
- Ort
- München/Wien
- Jahr
- 2024
- Lesealter
- 8-9 Jahre10-11 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- BüchereiFreizeitlektüre
- Preis
- 19,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Eine schöner Plot, der leider in der narrativen und sprachlichen Umsetzung nicht überzeugt.
Beurteilungstext
Zwei Freundinnen, die gemeinsam im Garten zelten und dabei Funkkontakt zur verstorbenen Mutter der Ich-Erzählerin aufnehmen. Ein wirklich schöner Plot, der dem Dauermotiv Trauer in der Kinder- und Jugendliteratur eine interessante neue Form gibt. Über die Unterhaltung mit einer Astronautin, in deren Frequenz die beiden Mädchen geraten, findet eine Entwicklung der Figur statt, die emotional annehmen lernt, dass auch andere um ihre Mutter trauern. Soweit könnte das ein gutes Buch über Trauer und Tod und Freundschaft werden.
Doch so richtig entscheiden kann sich das Buch nicht, was es sein soll. Eine Geschichte? Ein Lexikon? Vielleicht gar ein Ratgeber, denn immer wieder wendet sich die Ich-Erzählerin an die Lesenden „Wie ist das mit deinen Eltern? Lassen sie dir genug Raum, um herauszufinden, was du schon alleine kannst?“ Selbst die Gemengelage könnte vielleicht als gutes Kinderbuch funktionieren (die Protagonistinnen sind ca. 10 Jahre), wenn sich dahinter nicht ein Kinderbild zeigen würde, das im Grunde sehr erwachsenenzentriert ist.
Das beginnt bereits bei der enorm hohen Anzahl an Neologismen, die in ihrer Menge aufgesetzt wirken. Ebenso verhält es sich mit den vielen Snack-Szenen, in denen beschrieben wird, wie die beiden Kinder sich in einen herrlichen Überfluss an Snacks begeben. Ohne Frage sind solche Szenen toll und ansprechend und könnten auch das Hin und Her zwischen Ausgelassenheit und Trauer der kindlichen Protagonistin verdeutlichen, auf die Dauer wirken diese Szenen jedoch anbindungslos und selbstreferentiell. Auch die vielen Fakten über lohnenswertes Wissen zwischen Weltall und Erde bleiben in ihrer Menge fragwürdig ob ihrer Bedeutung. Stattdessen erinnert das Ping-Pong der Fragespiele zwischen Freundinnen und Astronautin an Wissensformate im Fernsehen, in denen Kindern Pseudofragen vorgestellt werden, die dann von Erwachsenen beantwortet werden. Liegt hier ein Konzept zugrunde, dass in ein Kinderbuch unbedingt noch etwas Wissen hineinmüsse, aber bitte cool formuliert? Kinder als diejenigen, denen man etwas erklären müsse, weil sie natürlich recht neugierig sind? Für ein solches Kinderbild sprechen auch die lautmalerischen Übersetzungen englischer Sprache im Text. Hier wird einem Lesepublikum aus der Mittelstufe nicht zugetraut, diese für sich selbst zu entdecken bzw. sie durchaus aussprechen zu können – ein Umstand, der mit der Bedeutung von Englischunterricht bereits in den Grundschulen zumindest fragwürdig ist.
Neben dem Plot ist jedoch die Sprache schön, wenn sie sich auf die Beschreibungen des Schmerzes und der Trauer konzentriert, auf die Wortlosigkeit der trauernden Ich-Erzählerin, die sich immer wieder Trost und Erinnerungen in Tagebuchnotizen erschließt. Hier zeigt sich das wirkliche Können der Autorin. Vielleicht wäre genau das auch der Gewinn gewesen, wenn eine Autorin für Erwachsenenliteratur zur Kinderbuchautorin wird: die Stärken ihrer literarischen Sprache auf einen kinderweltlichen Plot anzuwenden, statt ein Kinderbild zu bedienen, das beim genauen Hinsehen romantisierende Züge trägt und pädagogisierend und belehrend ist.
Bewundernswert sind jedoch die Illustrationen von Bea Davis, die in zarten Aquarellfarben das luzide und transformierende der kindlichen Erfahrungswelt aufgreifen und den Zwischenraum von Schwere und Leichtigkeit erfahrbar machen.