Himmel und Hölle

Autor*in
Blackman, Malorie
ISBN
978-3-414-82086-0
Übersetzer*in
Prummer-Lehmair, Christa
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
512
Verlag
Gattung
Ort
Erlangen
Jahr
2008
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In einem fiktiven Staat hat es einst Sklaven gegeben, und der Wert eines Menschen war untrennbar mit seiner Hautfarbe verknüpft. Die Weißen, die Zeros, waren einst den Schwarzen oder Alphas Untertan. Offiziell gibt es schon lange keine Sklaven mehr, und doch ist man im täglichen Zusammenleben weit von Gleichheit der Chancen und Rechte entfernt. In diesem Rahmen spielt die Geschichte der innigen Freundschaft zwischen dem (schwarzen) Alphamädchen Persephone und dem (weißen) Zero-Jungen Callum.

Beurteilungstext

Auch wenn die Autorin explizit nicht die Geschichte der Afroamerikaner zu Zeiten der Rassenkonflikte in den USA erzählen will, läuft ihre Geschichte darauf hinaus; nur sind es eben bei ihr die Weißen, die kaum Bildung erhalten, die nur unter erschwerten Bedingungen Zugang zu Alpha-Schulen haben und dort - natürlich - nicht gleichberechtigt behandelt werden; die, falls sie überhaupt Jobs finden, keine große Wahl haben zwischen Hausmädchen und Putzfrau, Straßenfeger und Müllmann; an denen schnell gefällte Todesurteile öffentlich vollstreckt werden, die das Publikum größtenteils mit Genugtuung verfolgt.

Die Umkehrung der Hautfarben ist ein raffiniertes Stilmittel, das zunächst etwas verwirrt: Man braucht ca. 70 Seiten, um sie zu begreifen, denn explizit werden Hautfarben nicht erwähnt. Wie das ganze Phänomen rassistischen Denkens passiert dies unterschwellig. Der Leser wird wachgerüttelt und auf subtile Weise mit einem Stück Geschichte konfrontiert, das sich so ähnlich ereignet hat.

Wie viel kann ein Mensch aushalten, um nicht vom Glauben abzufallen, wie lange kann er dem Gruppendruck standhalten, um sich selbst treu zu bleiben? Dies sind essenzielle Fragen, die das Leben der beiden jungen Protagonisten lenken: Persephone (Sephy) hält eisern an ihrer innigen Freundschaft zu Callum fest, gegen den Druck ihres Vaters, eines hochrangigen Politikers, ihrer Freunde und der allgemeinen öffentlichen Meinung.

Callum versucht redlich und mit sturer Hoffnung auf mehr Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, sein Ziel einer höheren Schulbildung zu erreichen - und muss schmerzlich erfahren, dass dies unter den bestehenden Rahmenbedingungen nicht realisierbar ist: Er arbeitet hart und schafft als einer von fünf die Zulassung an der Alpha-Schule. Er hält Demütigungen und Ungerechtigkeit tapfer stand, und doch übersteht er nicht einmal ein Schuljahr.

Sicher ist seine Sandkastenfreundin Sephy der Hauptgrund dafür, dass er den Glauben an das Gute und Gerechte im (schwarzen) Menschen nicht so schnell verliert wie beispielsweise sein Vater und sein Bruder. Beide haben sich der Ungrundbewegung der Weißen angeschlossen, die sich zu einem mächtigen Terrornetzwerk formt und ziellos, wütend und hasserfüllt gegen die Schwarzen agiert.

Unweigerlich geschieht, was geschehen muss: Die zermürbenden Rahmenbedingungen lassen Callum schließlich vom Glauben abfallen, und die beiden Jugendlichen können ihre Treue, ihre starke Freundschaft zueinander, die in einer zarten Liebe aufblüht, nicht beibehalten. Ihre Wege trennen sich. Sephy geht auf ein Internat, um ihrem tristen Heim, das durch Abwesenheit des Vaters und Alkoholsucht der Mutter gekennzeichnet ist, zu entkommen. Callum schließt sich den Widerstandskämpfern an. Hier arbeitet man sich hoch, indem man Schwarze überfällt und verprügelt. Callum beweist sich emotionslos und steigt schnell auf. Schließlich wird er von seinem Bruder, ebenfalls Untergrundkämpfer, auf eine harte Probe gestellt: Seine Zelle soll die Tochter des Innenministers - Sephy - entführen.

Eine weitere wesentliche Frage, die sich bei der Lektüre stellt, ist: Inwieweit sind Schicksale vergleichbar? Ist doch Persephone materiell mehr als ausreichend ausgestattet - was man von Callum nicht sagen kann - so hat er Eltern, die sich um ihre Kinder kümmern, was wiederum bei Sephy nicht der Fall ist. Wer von beiden hat es nun schwerer? Wenn Sephy ihrem Elternhaus den Rücken kehrt, weil sie die dauerbetrunkene Mutter und die Streiterei der Eltern bei ihren raren Treffen nicht mehr aushalten kann - ist es ein Jammern auf hohem Niveau, weil es Callum und den meisten Weißen ja viel schlechter geht? Die Geschichte wird abwechselnd aus Sephys und Callums Perspektive erzählt und lässt den Leser so sehr nah an die Situation, die Gedanken und Gefühle der Protagonisten heran.

Himmel und Hölle ist in allen Facetten großartig - in Aufbau, Sprache und Übersetzung, Spannungsbogen, Perspektive und Authentizität. Ein Buch zum Nachdenken und Nachfühlen. Und bei alldem ist es kaum zu ertragen - sollte es wirklich so sein, dass Liebe und Hass so dicht beieinander liegen?

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von dk.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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