Henry David THOREAU. Das reine Leben

Autor*in
Roy, Le
ISBN
978-3-86873-509-3
Übersetzer*in
Kootz, Anja
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Dan, A.
Seitenanzahl
88
Verlag
Knesebeck
Gattung
Ort
München
Jahr
2013
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
22,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Henry David Thoreau (1817-1862) ist einer der einflussreichsten amerikanischen Philosophen und Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Mit „Walden“ und „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ - dem Standardwerk über zivilen Ungehorsam - ist er spätestens seit den 68ern auch in Deutschland besonders populär. Dieser ungewöhnliche Denker führte ein ebenso außergewöhnliches Leben.

Beurteilungstext

Dieser ungewöhnliche Denker führte ein ebenso außergewöhnliches Leben: das eines Lebenskünstlers, der nur zwei Kilometer von seinem Elternhaus entfernt ein autarkes Leben jenseits der gesellschaftlichen Konventionen und Bequemlichkeiten versuchte; das eines Lehrers, der für seine pädagogischen Prinzipien seine berufliche Karriere aufs Spiel und in den Sand setzte; das eines Rebellen, der lieber für Wochen ins Gefängnis ging, als mit seinen Steuern den Krieg der USA gegen Mexiko und die Sklaverei zu unterstützen. Dieses Leben liegt nun erstmals im Medium des Comics vor.

„Um ein Philosoph zu sein, ist es nicht genug, geistreiche Gedanken zu haben oder eine Schule zu gründen, sondern man muss die Weisheit so lieben, dass man nach ihr lebt“, ist eines der Grundsätze thoreau'schen Denkens und Lebens. Den französischen Comic-Autoren Maximilien Le Roy und A. Dan gelingt es in DAS REINE LEBEN dieses Credo seines Werks völlig neu und anschaulich zugänglich zu machen. Denn die eindrucksvollen Schilderung der wichtigsten Passagen des Lebens von Henry David Thoreau wird stets in direkte Beziehung zu seinen philosophischen Standpunkten gesetzt – und umgekehrt. So begleitet der Leser den Lebenskünstler u.a. in seine einsame Hütte inmitten amerikanischer Wälder, ins Staatsgefängnis von Concord/Massachusetts und bei seiner Reise mit den letzten frei lebenden Indianern Nordamerikas.
Die in ansprechenden und hochwertigen matten Orwo-Farben gedruckten Bildsequenzen in realistischem Stil stehen dabei im Vordergrund. Dem Bild wird klare Präferenz gegenüber dem Text eingeräumt – viele Passagen des Werkes verzichten komplett auf gesprochenes und geschriebenes Wort. Ganz so, wie es dem Leben Thoreaus entsprochen hat.
Denn Thoreau war kein „großer“ Denker im intellektuellen Sinne, keiner der philosophische Systeme baute oder Metaphysik betrieb. Aber einer, der seine einfachen, schlichten – doch deswegen nicht minder wahren – Gedanken stets an der praktischen Wirklichkeit erproben wollte. Er ist eher ein Wegbegleiter von Diogenes oder Montaigne, als von Platon oder Foucault.

Der Graphic Novel von Dan & Le Roy gelingt es mit einfachen Mitteln diese Haltung zu transportieren – die Haltung eines Mannes der stets auf der Suche nach dem REINEN LEBEN war, „damit [er] nicht, wenn es zum Sterben ginge, einsehen müsste, dass [er] nicht gelebt hatte.“ So verzichtet der Comic auf Aktionismus und überbordende Handlung – obwohl hier eine ganzes Leben auf gerade einmal 77 Comic-Seiten gepresst wird – und verweilt lieber in Momentaufnahmen hoher Intensität: Thoreaus (reines) Leben in den Wäldern, seine Leidenschaft für das Spazieren und seine Reise mit den Indianern, und sein (passiver) Widerstand gegen (kapitalistischen) Handel und Sklaverei. Dabei folgt die graphische Biographie der zwei Franzosen inhaltlich direkt den drei Hauptwerken Thoreaus: „Walden“, „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ und „Vom Spazieren“. So ist es nur folgerichtig, dass der Rhythmus der Bilder auffallend niedrig ist, und dem Wechsel von Perspektiven und Detailaufnahmen mehr Raum eingeräumt wird, als dem Vorantreiben einer Handlung.

Alles in allem eine durchaus ansprechende und gelungene Essenz des thoreauschen Lebens und Denkens – auch wenn der Leser eingestehen muss, dass sich an Thoreaus Diagnose zur paradoxen Bosheit seiner Zeit bis heute nichts – aber auch absolut nichts – geändert hat: „Wenn ein Mann aus Liebe zur Natur, diese die Hälfte des Tages durchwandert, riskiert er schnell, für einen Faulenzer gehalten zu werden; aber wenn er den ganzen Tag damit verbringt, zu spekulieren und diese Natur auszubeuten und die Erde vor ihrer Zeit kahl zu machen, hält man ihn für einen tüchtigen Bürger, Industriellen und klugen Unternehmer.“

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von OWA.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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