Halva, meine Süße

Autor*in
Alpsten, Ellen
ISBN
978-3-649-60598-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
365
Verlag
Coppenrath
Gattung
Ort
Münster
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein Roman, der zum einen die getrennten Welten zwischen zugewanderten und deutschen Familien thematisiert, zum anderen eine interkulturelle Liebesgeschichte erzählt.

Beurteilungstext

Ellen Alpsten gelingt es zunächst, einen spannenden Rahmen für ihren Roman aufzubauen. Nur sieben Personen schaffen ein überschaubares Personaltableau:
- Halva Mansouri, etwa 18 Jahre alt, vor 10 Jahren mit ihrer Familie aus dem Iran geflohen. Sie wird am Ende des Romans Abitur machen.
- Kai Blessing studiert im 1. Semester Jura und hat dank seines Vaters keinerlei Geldsorgen. Seine Mutter ist vor einigen Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Kai ist manchmal etwas trottelig.
- Mudi ist der große Bruder von Halva, studiert auch im 1. Semester Jura und nimmt seine Bildung sehr ernst, denn er will in die Fußstapfen seines Großvaters treten, der zur Zeit des Schahs ein bedeutender Richter im Iran war.
- Raya, die Mutter Halvas, kommt aus einer der traditionsreichen und ehemals einflussreichen Familien aus dem Iran und wirkt meist sehr aufgeklärt und weltoffen. Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie ein Café.
- Cyrus, der Vater Halvas, war im Iran Offizier, wurde allerdings landesfeindlicher Betätigung verdächtigt und heftig gefoltert - dies war der Anlass für die Flucht aus dem Iran.
- Uli Blessing, Vater von Kai, erfolgreicher Arzt mit wenig Zeit für andere Dinge im Leben.
- Miryam ist die Halbschwester von Cyrus, allerdings etwa so alt wie Halva. Sie kommt erst im Laufe der Handlung nach Deutschland und ist zunächst Halvas beste Freundin.

Weitere Personen kommen nur in sehr wenig ausgeformten Nebenrollen vor. Diese Konzentration auf wenige Rollen wäre eigentlich dazu geeignet, differenzierte Charaktere zu entfalten und durch die Personen verschiedene Perspektiven auf das Geschehen zu werfen. Dies gelingt zu Beginn auch gut. Mudi und Kai lernen sich über das Studium kennen, zu einer Studierendenfete bringt Mudi seine Schwester mit und damit beginnt die das Buch durchziehende Liebesgeschichte zwischen Kai und Halva. Obwohl dieser Teil der erzählung streckenweise etwas klischeehaft und kitschig ist, kann er als gelungen betrachtet werden.
Die Familie von Halva könnte als hervorragend in die deutsche Gesellschaft integriert gelten: Alle sprechen fehlerfrei Deutsch, die Eltern sind als Cafébetreiber erfolgreich, die Kinder sind es in der Schule. Zumindest die Kinder haben einen deutschen Pass, von den Eltern erfahren die Leser nichts darüber. Miryam kann währedn der Handlung des Buches aus dem Iran ausreißen und ist sofort bereit, im Café Verantwortung zu übernehmen und sich auch mit der deutschen Sprache auseinanderzusetzen. Leider wird kaum deutlich, wo die Familienmitglieder ihre Zukunft sehen. Nur bei Cyrus scheint es so zu sein, dass er, wenn es die politischen Umstände zuließen, in den Iran zurückkehren würde.
Während sich die Liebe zwischen Halva und Kai entwickelt, kommt jedoch eine Bedrohung von außen ins Spiel: Damit die Familie ausreisen durfte, wurde Halva als Ehefrau für einen Sohn des mächtigen Fluchthelfers versprochen. Geheimnisvolle Briefe aus dem Iran fordern dieses Versprechen ein. An dieser Stelle entsteht eine erste Schwäche der Erzählung: Cyrus weiht seine Frau und auch Mudi ein, Halva jedoch nicht. Doch anstatt dass diese drei Personen ihre eigene Sichtweise auf das Problem haben, sind sie sich schnell einig: Halva soll nach dem Abitur in den Iran reisen und dort heiraten. Und: Halva soll das zunächst noch verheimlicht werden. Unter diesen Voraussetzungen gilt es, jede Liebesbeziehung zu einem deutschen Jungen zu unterbinden.
Unterdessen treffen sich Halva und Kai weiterhin. An einem Abend überrascht sie Kais Vater, der eher reserviert auf die junge Liebe und in einem Nachgespräch äußert er Ressentiments, z. B. spricht er von Ehrenmord. Die Liebe zwischen seinem Sohn und einer gebürtigen Iranierin könnte die Grundlage für eine Entwicklung und Differenzierung des Charakters des Vaters sein, zumindest müssten die Äußerungen des Vaters im Laufe des Romans gebrochen werden.
Dies geschieht jedoch leider nicht. Die Lage wird kompliziert und Halva und Kai können sich nur noch heimlich treffen, weshalb Halvas Familie denkt, dass die Beziehung beendet ist. Da Kai und Mudi im Studium weiter gemeinsam Seminare besuchen, kommt es zu einer verhängnisvollen Einladung von Kai und seinem Vater zu einer Feier bei der Familie Mansouri. Der Vater fühlt sich offensichtlich unwohl und benimmt sich nicht sehr vorteilhaft. Und natürlich merken alle, dass die Beziehung zwischen Kai und Halva nicht beendet ist. Miryam wendet sich nun von Halva ab und schließt sich dem Rest der Familie in ihren Ansichten an. In der Folge machen sich Mudi und sein Vater auf den Weg und zerstören Kais Auto, es kommt zu einer Auseinandersetzung, bei der Kais Vater schwer verletzt wird. Kai erstattet daraufhin Anzeige und Mudi und Cyrus werden verhaftet. Diese Wendung überzeugt nicht, denn selbst hier gibt es innerhalb der Familie keine Brüche: Cyrus und Mudi werden beide zu ungesteuerten Gewalttätern, sie unterscheiden sich nicht, keiner scheint Gewissensbisse zu haben. Miryam und Raya heißen das Verhalten im Grundsatz gut und es wird daran festgehalten, dass Halva in den Iran zum Heiraten geht. Es erstaunt, dass die durchaus selbstbewusste Mutter hier nicht eine eigene Sichtweise entwickelt, dass die Katastrophe und die Verhaftung nicht zumindest bei Kai oder Cyrus zu einem Bewusstseinswandel führt, zumal Mudi ja als Jurastudent abstrakt verstehen sollte, wie hier Recht und Unrecht zu sehen sein könnten. Es bleibt leider der Eindruck stehen, dass muslimische Iraner auch nach einer scheinbar gelungenen Integration und vor dem Hintergrund eines hohen Bildungsstandes ohne größere Not durchgängig entsprechend fremdenfeindlicher stereotypischer Verhaltensmuster reagieren. Das ist mehr als bedauerlich und wäre durch differenziertere Darstellung der Gedankengänge der Familie vermeidbar gewesen.
Dagegen ist das Ende interessant: Freiwillig entscheidet sich Halva, in den Iran zu fliegen. Ob sie dort allerdings heiratet, bleibt offen.

Insgesamt ist das Buch zwar spannend geschrieben, nutzt aber die durchaus interessante Grundkonstellation nicht für eine gelungene Darstellung und Entfaltung.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cja.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Alpsten, Ellen

Alpsten, Ellen

Der Raub des Sonnenamuletts

Weiterlesen
Alpsten, Ellen

Ritter Vincelot. Der Raub des Sonnenamuletts

Weiterlesen
Alpsten, Ellen

Heute trägt der Himmel Seide

Weiterlesen
Alpsten, Ellen

Vincelot und das geheime Burgverlies

Weiterlesen
Alpsten, Ellen

Colours of Africa

Weiterlesen
Alpsten, Ellen

Halva, meine Süße

Weiterlesen