Hänsel und Gretel. Ein Kinderoper von Engelbert Humperdinck

Autor*in
Humperdinck, Engelbert
ISBN
978-3-219-11643-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Bunge, Daniela
Seitenanzahl
32
Verlag
Gattung
BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
Ort
Wien
Jahr
2015
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
24,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine interessante Kombination der drei medialen Ebenen Text, Bild und Musik, die die bekannte Kinderoper für Kinder zugänglich macht.

Beurteilungstext

Da die Oper von Humperdinck nach wie vor in allen möglichen Fassungen auf den Spielplänen von Opernhäusern, Theatern oder Kleinspielbühnen steht, sollte man denken, dass besser als eine Auseinandersetzung per Buch doch der Besuch im Opernhaus oder Theater wäre. Und um es deutlich zu sagen: Sollte sich die Gelegenheit ergeben, die Kinderoper auf der Bühne zu sehen, dann sollte die Gelegenheit für einen Besuch mit Kindern genutzt werden - als Familienausflug, mit der Patentante, der Klasse oder der Musikschule.

Aber für fast alle Kinder wäre es sinnvoll, sich auf einen solchen Besuch vorzubereiten. Die Musik ist ungewohnt, das Wechselspiel zwischen Gesang, Theater und Spielszene manchmal überraschend, vielleicht auch ohne Kenntnis der Geschichte nicht immer nachvollziehbar, die Aufführung ist lang - und hat aus kindlicher Sicht sicher auch Längen. Das hier rezensierte Bilderbuch mit CD ist hervorragend geeignet, um auf einen solchen Besuch vorzubereiten und mag auch hinterher willkommene Lektüre sein.

Da ist zum einen die Story:
Die Geschichte verläuft etwas anders, als die Fassung der Brüder Grimm. Dies betrifft neben kleineren Änderungen auch mehrere zentrale Erzählaspekte. Die Eltern setzen die Kinder nicht vorsätzlich im Wald aus, sondern die Mutter schickt die Kinder in den Wald, nachdem diese den wertvollen Milchtopf beim Tanzen kaputt gemacht haben. Schnell bereut sie und macht sich mit dem Vater Sorgen - zu Recht, denn die beiden Kinder verlaufen sich. Kieselsteine und Brotkrümel kommen in dieser Fassung nicht vor. So gelangen die beiden an das Hexenhaus, knabbern und werden mit Magie, mit einem Hexenspruch am Weglaufen gehindert. Bei Grimm verfügt die Hexe über keine magischen Fähigkeiten. Zwar wird auch in dieser Fassung Hänsel in den Käfig gesperrt und Gretel muss helfen, aber Gretel befreit erst Hänsel und dann stößt dieser die Hexe in den Ofen - bei Grimm ist es Gretel. Und zum Schluss gibt es keine großen Schätze und keinen Rückweg, auf dem eine Ente die beiden über einen Fluss setzen muss, sondern die Eltern finden endlich ihre Kinder beim Hexenhaus.
Susa Hämmerle erzählt im Buch diese Geschichte, greift auf Dialogausschnitte aus der Oper zurück, überbrückt aber viele Gespräche (und Regieanweisungen) durch Erzähltext. Dabei wird auf die Gesangsnummern hingearbeitet. So gelingt eine relativ kurze Erzählfassung, die für sich allein genommen das Geschehen verständlich darstellt.

Da sind zum anderen die Bilder:
Leicht kindlich-naiv kommen sie daher und es wird deutlich: In diesem Buch spielen sie nicht die Hauptrolle. Sie begleiten den Text, stellen dar, was darin erzählt wird. Die Figuren sind freundlich, auch die Hexe sieht nicht fürchterlich oder krumm aus, sondern trägt ein grünes Blumenkleid, hat lange, braune Haare und ein offenes Gesicht ohne Warzen oder Hexennase. Doch die Bilder gehen auch über den Text hinaus: Tiere bevölkern die Welt und erzählen eigenen Geschichten. Mal sind sie Musiker, mal schleckt eine Katze die verschüttete Milch aus. Der Wald ist voller Tiere, die freundlich auf die Kinder kucken und Vögel, die Liedzeilen singen. Nur die Tiere der Hexe - Hund und Rabe - schauen grimmig und bös. So finden sich in den Darstellungen Kommentare zum Geschehen.

Und dann ist da die Musik auf der CD:
Enthalten sind nur die musikalischen Nummern, also keine Zwischentexte und Dialoge. Wenn man nur die CD hört, wird sich dadurch wohl kaum eine kohärente Geschichte ergeben. Andererseits wäre die Oper ansonsten sehr lang - und die Ergänzung durch Text und Bild wäre überflüssig. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1953, Dirigent ist Herbert von Karajan mit dem Philharmonia Orchestra. Die Solisten sind unter anderem Elisabeth Grümmer, Else Schürhoff und Josef Metternich. Damit wird auf eine klassische Aufnahme zurückgegriffen, bei der für Operngesang der 1950er Jahre relativ schlanke Stimmen zum Tragen kommen, was auf jeden Fall der Textverständlichkeit dient. Trotzdem ist es ein schade, dass nicht eine neuere Aufnahme gewählt wurde, denn sowohl Orchesterklang als auch den Gesangspartien hört man den inzwischen ja fast historischen Aufführungsduktus der Nachkriegszeit an. Leider sind manche Schnitte sehr abrupt, so dass man sich beim Einsatz fast erschrickt. Insgesamt ist die Aufnahme und die Zusammenstellung aber eine gute Ergänzung zum Bilderbuch.

Durch die drei medialen Ebenen entsteht ein Gesamtwerk, das im privaten Gebrauch sicherlich an klassischer Musik gebildete Kinder erfreut und für diese zugänglich ist. Andere Kinder brauchen aber eine Vermittlung. Und gerade dafür eignet sich dieses Buch hervorragend. Im Musikunterricht, aber auch im Deutschunterricht, z. B. um die Unterschiede der Hänsel-und-Gretel-Fassungen herauszuarbeiten.

Christoph Jantzen, AJuM Hamburg

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 02.11.2015

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