Habsburgs schmutziger Krieg. Ermittlungen zur österreichisch-ungarischen Kriegsführung 1914-1918

Autor*in
u.a., Leidinger
ISBN
978-3-7017-3200-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
325
Verlag
Nilpferd in Residenz
Gattung
Ort
St. Pölten
Jahr
2014
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
24,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Autorenteam untersucht und bilanziert die Beschlüsse und Kalkulationen der Habsburgermonarchie und weist im Detail nach, wie der Krieg in den Jahren 1914-18 vorbereitet und mit zunehmend eskalierender Gewalt (an den Fronten und in den besetzten Gebieten) geführt wurde. Dabei geht es nicht nur um die sorgfältigen Nachweise von Verbrechen und Grausamkeiten, sondern auch darum, den historischen Zusammenhang und die Geisteshaltung zu analysieren.

Beurteilungstext

Im Gedenkjahr 2014 jährte sich der Beginn des 1. Weltkrieges und es erschienen eine Fülle von Büchern und Texten zu diesem Thema, sowohl im Bereich der Forschung und Wissenschaft als auch im Bereich der Kinder und Jugendliteratur.
Gut in Erinnerung bleiben wird hoffentlich Remarques "Im Westen nichts Neues" als Graphic Novel oder das großartige riesige Panoramabild der "Schlacht an der Somme", der verlustreichsten Schlacht dieses Krieges, von Joe Sacco oder auch das ansprechend gemachte erzählende Sachbuch "Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg".
Gemeinsam ist vielen dieser Büchern, dass ihr Fokus auf den Kriegsereignissen im Westen (vor allem Frankreich) liegt. Dies unterscheidet sie von dem vorliegenden Forschungsband der österreichischen Historiker Leidinger, Moritz, Moser und Dornik, deren Augenmerk den Habsburgern und dem Kriegsgeschehen in den östlichen Ländern und vor allem dem damaligen "Hauptfeind" Serbien gilt. Präzise wird aufgezeigt, und belegt, wie von Beginn des Feldzuges an unterschiedslos Soldaten und Zivilisten des "Feindes" und die Zivilbevölkerung der besetzten Gebiete den Gräueltaten der habsburgischen Armee zum Opfer fielen: "Die k.u.k Soldaten machten auf dem Balkan und in der Ukraine Dörfer dem Erdboden gleich, erschossen, zumeist auf höheren Befehl, Tausende von Zivilisten, plünderten und folterten, massakrierten Geiseln. In den Gefangenenlagern gab es ein Massensterben, Vertreibungen und antisemitische Ausschreitungen ereigneten sich zuhauf." So fasst der Rezensent F. Weissensteiner in der Bücherschau v. 4.2.2015 die Erkenntnisse des Historikerteams zusammen und kennzeichnet den Text - wie ich meine sehr zutreffend als "mutigen neuen Schritt" im Blick auf die Erforschung und Beurteilung von Kriegsverbrechen. In Folge des Krieges und zum Teil bis heute ist die Debatte um diese Verbrechen durch eine weitverbreitete "Habsburg-Nostalgie" in den Hintergrund geraten und wird durch diesen wissenschaftlich exakt erarbeiteten "Ermittlungen" (wie es im Untertitel ja auch heißt) zur Kriegsführung an die Öffentlichkeit gebracht. "Den Opfern, die in Vergessenheit geraten sind" ist dieses Werk von den Autoren folgerichtig auch gewidmet. Die Aktualität dieser mit großer Genauigkeit aufgezeichneten Verbrechen gegen die Menschlichkeit liegt auf der Hand: In den heutigen asymmetrischen Kriegen in vielen Regionen der Erde, wo zwischen regulären und irregulären Truppen und Kämpfern manchmal kaum mehr unterschieden werden kann, ist das Leid, das Elend und das Sterben in diesen "schmutzigen Kriegen" eine wesentliche Ursache für die Flucht vieler Menschen aus diesen Regionen.
Die gut gegliederten und überschaubaren, mit sehr anschaulichen und treffenden Überschriften versehenen, neun Kapitel, die zudem in einem angenehmen, leserfreundlichen und zugewandten Stil geschrieben sind, lesen sich auch vom wissenschaftlichen Laien gut - bleiben aber eine Herausforderung für den Geschichtsunterricht. Hier könnte aber ein Einsatzort in der Schule sein. In die Fachabteilung Geschichte der Schulbibliotheken insbesondere in den Gymnasien sollte dieses Buch ebenso wenig fehlen, wie die sehr lesenswerte "historische Reportage" zum Attentäter Gavrilo Princip, von Gregor Mayer, ebenfalls 2014 im Residenz-Verlag erschienen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2016