„Guten Tag, Rotkäppchen", sprach der Wolf

Autor*in
Speil, Ruth
ISBN
978-3-407-77201-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
233
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2016
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

„Illustrierte Märchen aus der Zeit der DDR“, so der Untertitel zu diesem interessanten Märchenbuch.

Beurteilungstext

Dieses Märchenbuch ( Hardcover, Fadenheftung , Format 25x17cm ) ist soeben im Beltz-Kinderbuch-Verlag erschienen, die Sammlung wurde von Ruth Speil zusammengestellt.
Der Titel führt zusammen mit der Farbgebung der Buchdeckel in medias res: Hier leuchtet die Signalfarbe des Sozialismus. Hinein komponiert sind zwanzig piktogrammartig verkleinerte Märchenbuch-Illustrationen. Auf der Rückseite sind ein Quasi-Klappentext abgedruckt und - noch ein zweites Mal und damit besonders hervorgehoben - fünf Illustrationen der Vorderseite.
Kommen wir zu dem besonderen verlegerischen Interesse an diesem Märchenbuch!
Das ist zweifellos nicht allein auf die in vielen anderen Büchern ebenfalls veröffentlichten vierzehn Grimmschen Märchen bezogen, die Speils Sammlung bringt oder auf den „kleinen Muck“ des Wilhelm Hauff oder auf Andersens Märchen vom „Feuerzeug“. Dieses Traditionsgut füllt weit mehr als die Hälfte aller 233 Buchseiten. Auch dem Gorkischen Märchen vom dummen Trottel „Iwanuschka“ ist man schon begegnet.
Die Herausgeberin möchte aber auch mit einem freilich recht knapp gehaltenen DDR-„Sondergut“ bekanntmachen, das untrennbar mit dem Arbeiter- und Bauernstaat verknüpft ist:
Ruth Speils Sammlung bringt das „Windhahn“-Märchen Winfried Völlgers (1947*). Er gehörte zu den bedeutenden Romanciers der DDR. Seine Bücher erreichten immerhin eine Millionenauflage. Besonders gelobt wird sein Roman „Das Windhahnsyndrom“ von 1983. Aus den Quellen- und Rechtenachweisen und den Kurzbiografien im Anhang dieser Sammlung wird allerdings nicht deutlich, ob das hier veröffentlichte Märchen dem Roman Winfried Völlgers entnommen wurde oder eine eigenständige Arbeit im Umfeld dieses Werkes ist.
So stößt der interessierte Leser auch auf ein Märchen mit dem Titel „Das Bärenhaus“. Es stammt von Elisabeth Shaw (1920-1992), einer Irin, die den Ostberliner Maler und Bildhauer René Graetz ( Mitglied der KPD, später der SED) heiratete, als Kinderbuchautorin, Karikaturistin und Illustratorin hervortat und zu den Kunstpreisträgern der DDR gehörte.
-2-
Abgesehen von zwei russischen Volksmärchen ( „Das Ziesel und der Bär“, „Die große Rübe“) ist zu guter Letzt noch der Abdruck des „abergläubischen Angsthasen“ aus der Feder Sergei Michalkows (1913-2009) zu nennen, der Kinderbücher, Gedichte verfasste und die Hymne der Russischen Föderation schrieb.
Alle diese „Sondergut“- Märchen mögen skurril, ulkig, bunt, voller Überraschungen, fantastisch, ein wenig lehrreich, kindgerecht sein, politisch eingefärbt sind sie nicht.
Es erhebt sich noch immer die Frage nach dem besonderen verlegerischen Interesse an diesem Märchenbuch. Die vielen bekannten und die wenigen unbekannten Texte, die man im Inhaltsverzeichnis findet, ergeben keinen besonderen Anhaltspunkt.
Doch sowohl die bereits erwähnten „Miniaturbildchen“ auf beiden Buchdeckeln als auch das Vorwort und der „Klappentext“ auf dem Rückdeckel verdeutlichen, was die Sammlung vor allem auszeichnet: Bunte Märchenbuch-Illustrationen auf fast jeder zweiten Seite!
Das Beltz-Buch demonstriert die „Vielfalt an unterschiedlichen Illustrationsstilen aus nahezu 40 Jahren Bilderbuchgeschichte“ der DDR (Vorwort). Besonders hervorgehoben werden ( auf dem Rückdeckel ) die in dieser Märchensammlung abgedruckten „ausdrucksstarken Bilder der DDR-Künstler Werner Klemke, Gerhard Lahr, Bernhard Nast, Elisabeth Shaw, Heinrich Strub und Ingeborg Meyer-Rey, die eine der bekanntesten Kinderbuch-Illustratorinnen der DDR war. Es überrascht ein wenig, dass an dieser prominenten Stelle nicht auch Eva Johanna Rubin (1926-2001) genannt wird. Sie war eine der bedeutendsten deutschen Kinderbuchillustratorinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihre Bücher erfreuten sich in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen großer Beliebtheit und wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Résümé:
Der Leser begegnet hier sehenswerten Werken von DDR-Illustratoren. Im Anhang findet man Informationen (in Form von Kurzbiografien) zu siebzehn Künstlern! Entsprechend reich ist das Buch bebildert. Und eben das macht den Mehrwert dieser Märchensammlung aus, die Illustrationsseite ist ihr Alleinstellungsmerkmal.
Schlussfolgern lässt sich daher auch,
dass diese Märchen-Sammlung die Kinder anspricht, ihrem Wunsch nach Visualisierung in unseren Tagen der Medienunterhaltung und milliardenfachen Klicks weitestgehend entgegenkommt,
dass dieses Buch darüber hinaus aber auch jenen Erwachsenen ins Auge sticht, die Kinderbuch-Illustrationen mit besonderem, u.a. auch fachlichem und historischem Interesse begegnen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von 150; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 21.03.2016

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