Grimms Märchen

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Teaser

Grimms Märchen werden hier von dem bekannten Geschichtenerzähler Philip Pullman neu erzählt und kommentiert - versehen mit eindrücklichen Illustrations-Fotos des australischen Künstlers Shaun Tan.

Beurteilungstext

Dass die Grimmschen Märchen in ihrer heutigen Textform (üblicherweise basierend auf der siebenten Auflage ‚letzter Hand' aus dem Jahr 1857) nicht die ‚originale Gestalt' der Volksmärchen darstellen, ist allgemein bekannt. Die Herkunft der Märchen verliert sich in der Vergangenheit und ist heute nicht mehr völlig rekonstruierbar. Doch prägt ihre Geschichte die Märchen noch heute, und die mündlichen Formen der Tradierung schwingen in den einfachen und reduzierten Mustern ihrer Textgestalt mit. Philip Pullman greift diese Eigenart der Märchen auf und erzählt sie neu. Er hält sich dabei strickt an die Grimmschen Fassungen, aktualisiert jedoch die Sprache, die in unserer Wahrnehmung mit fast 200 Jahren Abstand bereits künstlich geworden ist. Ihm geht es um neuerliche Entschlackung, um Reduktion hin zu den eigentlichen Geschichtenmustern.
Am Ende jedes Märchen finden sich Kommentare zu den Texten. Andere Versionen in anderen kulturellen Traditionen werden vorgestellt und diskutiert. Manchmal lässt es sich Pullman auch nicht nehmen, einen aus seiner Sicht passenderen Verlauf der Geschichte im Kommentar zu skizzieren.
So finden sich hier 50 der schönsten Märchen aus der Sammlung der Brüder Grimm. Beigefügt sind Illustrationen des australischen Künstlers Shaun Tan. Diese Fotos stellen Szenen der Märchen in stark abstrahierter Form lediglich mit stark reduzierten Figuren dar. In den kleinen Bildern manifestieren sich Beziehungen und Bedeutungen, die nur vage erkennbar werden. So versucht Tan der archaischen und flächenhaften Gestaltung der Märchen gerecht zu werden.
Eingeleitet wird das Buch mit einem ausführlichen Vorwort Pullmans, das Informationen rund um die Tradition der Grimmschen Märchensammlung bietet und auch die Textgestalt erläutert. Shaun Tan äußert sich in einem Nachwort zu seinem Illustrationskonzept.
So liegt hier ein vielschichtiges Werk über die Grimmschen Märchen vor. Neben den Texten, die in ihrer bekannten Form leicht verfremdet zu entdecken sind, zeigen sich besonders die ‚Beigaben' (Illustrationen und Erläuterungen) als ausgesprochen herausforderndes Angebot, das den Blick auf die Texte verändert und den Weg zu einer eigenen Lesart der Märchen eröffnet.