GRENZGÄNGER

Autor*in
Klomp, Ulla
ISBN
978-3-8000-5055-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
175
Verlag
Ueberreuter
Gattung
Krimi
Ort
Wien
Jahr
2004
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Jaco, der eigentlich Hermann Jacobs heißt, hat keine Lust mehr in Berlin in die Schule zu gehen. Als seine Eltern ihn daraufhin vor die Tür setzen, gerät sein Leben aus den Fugen. Beim Jobben auf dem Bau lernt er Frank kennen, der ihn in die Neo-Nazi Szene einführt. Seine neuen "Freunde" bieten ihm Kost und Logis und Anerkennung. Gemeinsam hetzen sie gegen Ausländer. Bei der Schändung eines jüdischen Friedhofs steht er Schmiere.

Beurteilungstext

Ulla Klomp unterrichtete von 1978 bis 1985 an der deutschen Schule "St-Petri" in Kopenhagen. Dort lernte sie Hermann Waldmann kennen, der sich zu dieser Zeit schon Uri Yaari nannte, und dort ebenfalls als Lehrer arbeitete. Er erzählte ihr von seinem Lebensweg, der von Berlin über Kopenhagen, Sachsenhausen, Auschwitz, Großrosen und Dachau bis Israel und wieder zurück nach Kopenhagen führte. Hier starb er im Jahre 1987 im Alter von 65 Jahren. Er wurde im Kibbuz Neoth-Mordechai in Israel beigesetzt, wo er nach 1948 viele Jahre seines Lebens verbracht hatte. Aus seinen Erzählungen, seinem Buch "Konfrontationen", einem von "Danmarks Radio" gesendeten Fernsehporträt, Erzählungen seiner jüdischen Frau Miriam Yaari (früher: Margot Laske) und anderen Quellen hat sie seine fiktiven Tagebucheinträge zusammengestellt. Sie kombiniert diesen Überlebenskampf mit der erfundenen Figur Jaco, die ebenfalls aus Deutschland fliehen muss, nur eben 60 Jahre später und aus einem total konträren Grund. Dabei wechselt sie als auktoriale Erzählerin immer wieder zwischen den Perspektiven hin und her. So will sie den Kontrast und die gleichzeitig vorhandenen Gemeinsamkeiten der beiden Hauptpersonen hervorheben. Jedoch wird dem Leser dadurch das Hineinversetzen in die Hauptfiguren erschwert. Hermanns Tagebucheinträge werden durch kursive Schrift kenntlich gemacht. In Israel schlüpft Jaco endgültig in Hermanns Rolle, in dem er ebenfalls anfängt Tagebuch zu schreiben. Die vollständige Identifikation mit Hermanns Leben und Person ist somit perfekt. Ansonsten ist die Parallelität der Ereignisse ziemlich gelungen: Sowohl Hermann als auch Jaco verlieben sich in eine Frau, mit der sie später Dänemark verlassen und nach Israel gehen. Hermann ist als Jude im "Paradies" angekommen, während Jaco hier endgültig mit seiner braunen Vergangenheit abschließt. Als sich die Schlinge um die dänischen Juden immer enger zieht, versucht Hermann den "neuen Weg" zu gehen. Eine Parallelität ergibt sich bei Jaco dadurch, dass er ebenfalls einen "neuen Weg" gehen will: Die Versöhnung mit seiner Nazi-Vergangenheit sowie die daraus folgende Rückkehr in ein geregeltes Leben. Sie sind "Grenzgänger", weil sie beide gegen ihren Willen aus Deutschland verbannt werden. Jaco und Hermann bewegen sich gleichermaßen zwischen den Welten: Bei Jaco seine Identität als Nazi wider Willen sowie seine Konfrontation mit den Hintergründen und Folgen seiner Nazi Identität und die Rückkehr in ein geregeltes Leben. Bei Hermann seine Identität als Jude in Deutschland und Dänemark sowie seine Liebe zu seiner wahren Heimat "Erez-Israel". Beide versuchen sich in einem vermeintlich sicheren "Niemandsland" zu bewegen, was sie jedoch auf Dauer "kaputtmachen" würde. Deswegen müssen sie sich schließlich für eine Identität entscheiden. Hermanns Traum wird schließlich erfüllt und er kann für längere Zeit in Israel leben und letztendlich auch begraben werden. Jaco entschließt sich dagegen wieder in ein geregeltes Leben einzutreten. Die Autorin bemüht sich um eine realistische und unterhaltsame Schilderung der Ereignisse, wobei sie auch teilweise auf Einzelheiten eingeht ohne zu sehr auf historische Details einzugehen. Sie ist sich der Zielgruppe ihres Buches durchaus bewusst und vermeidet es so einen historischen Roman zu schreiben. Spannung erzeugt die Autorin, in dem sie sehr oft in Rückblenden erzählt. Der Leser erfährt auf diese Weise erst hinterher, warum manche Ereignisse passiert sind. Durch die Verwebung von Fakten und Fiktion verleiht Ulla Klomp ihrem Roman Authenzität und Glaubwürdigkeit. Dies schafft sie vor allem durch die Verweisung auf reale Orte, Ereignisse (Einweihung der Öresundbrücke, Odense, Kopenhagen usw.) sowie Zeitangaben. So wird die Identifikation des Lesers mit der Geschichte erleichtert. Außerdem ist das Buch in einem klaren, deutlichen Stil geschrieben. Durch die Vermeidung von zu vielen historischen Details ist ein zügiges Erzähltempo vorherrschend.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von PG.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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