Gonzo Krimireihe

Autor*in
Karr, H.P.Wehner, Walter
ISBN
978-3-8375-1411-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in / Sprecher*in
Umfang
706  Minuten
Verlag
Klartext
Gattung
Digitale MedienKrimi
Ort
Essen
Jahr
2015
Alters­empfehlung
ab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
15,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Vier Kriminalfälle, vier Jahreszeiten und ein Mann-“Gonzo“ Gonschorek. Als selbstständiger Kameramann hängt er permanent am Polizeifunk oder rast von Unfall zu Unfall. Immer wieder stößt er mit seinem Gespür für gewinnträchtige Storys dabei auch auf Verbrechen, die sich als wesentlich verwickelter und brutaler erweisen, als zunächst erwartet.

Beurteilungstext

„Gonzo“ Gonschorek ist das, was man sich unter einem typischen selbstständiger Kameramann oder auch Journalisten vorstellt: Immer auf Achse, durch den Stress zum Zyniker geworden und natürlich skrupellos, wenn es um gewinnbringende Storys geht. Ob bei Minusgraden im Winter („Bullenwinter“) oder bei 35 Grad im Sommer („Rattensommer“), immer muss er sehen, dass er sich mit möglichst vielen und brutalen Mitschnitten von Unfällen, Bränden oder Tötungsdelikten über Wasser hält. Durch den heimlich im Wagen installierten Polizeifunk ist er nicht selten der Erste am Schauplatz und treibt die Polizisten in den Wahnsinn.
In „Geierfrühling“ kommt es zu einem brutalen Mord an eine Sicherheitsmann, der am Essener Hauptbahnhof für Ordnung sorgen sollte. Da Gonzo glaubt, den Täter zu kennen, macht er sich natürlich an die Nachforschungen. Allerdings ist der Fall doch komplizierter als gedacht. Ohne es zu ahnen gerät der Kameramann zwischen die Fronten eines Kleinkriegs von Hobby-Nazis und der türkischen Drogenmafia.
Im Band „Rattensommer“ befindet sich Gonzo Gonschorek wegen der Urlaubszeit in Geldnot. Es gibt einfach nicht genug gewinnbringende Aufträge. Zufällig stößt er auf Bildmaterial über den sogenannten „Ruhrkiller“, der seit einiger Zeit im Ruhrgebiet wütet und immer wieder junge Frauen verstümmelt, tötet und auf abscheuliche Weise entsorgt. Obwohl er bereits vier Frauen umgebracht hat, tappt die Polizei komplett im Dunkeln. Als Gonzo sich als Kameramann bei der Produktion eines billigen Pornos etwas dazu verdienen will, trifft er im Nebenraum auf ein schwerverletztes Model. Nur einige Zeit später taucht eben dieses Mädchen als neues Opfer des „Ruhrkillers“ auf. In Gonzo macht sich der Verdacht breit, dass in dem Studio junge Models gegen ihren Willen zu Snuff-Pornos gezwungen werden - und der „Ruhrkiller“ scheint ebenfalls eine Hauptrolle in genau diesen Filmen zu spielen.
In „Hühnerherbst“ dreht sich alles um den Tod von zwei jugendlichen Obdachlosen in einem Parkhaus. Da dort ein neues, von den Stadtverwaltern gehyptes Gebäude entstehen soll, sind die jugendlichen Streuner an ihrem „Zuhause“ nicht mehr geduldet. Dann taucht plötzlich ein alter Mann auf, der behauptet, dass das Grundstück gar nicht der Stadt, sondern ihm gehören würde. Außerdem ist der Alte davon überzeugt, dass die zwei toten Jugendlichen von der hauseigenen Security-Mitarbeitern aus dem Weg geräumt wurden, um ein Exempel zu statuieren. Natürlich kann Gonschorek nicht anders, als der Sache auf den Grund zu gehen.
„Bullenwinter“ bildet den Abschluss der Gonzo-Krimireihe und lässt noch einmal richtig Spannung aufkommen. Gleich zu Anfang wird der Kameramann mehr oder weniger freiwillig in die Geiselnahme des ehemaligen Polizisten Boysen hineingezogen. Schnell wirft sich für Gonzo die Frage auf, ob der Polizist im Ruhestand wirklich Rache für den Entzug des Sorgerechts wollte oder, ob nicht noch mehr hinter der ganzen Sache steckt. Ehe er sich versieht, ist Gonschorek in einen Komplott zwischen der Stadtverwaltung, der Polizeiführung und auch dem organisierten Verbrechen verwickelt. Als schließlich sogar seine junge Assistentin Betty ermordet wird, kann Gonzo sich dem Fall nicht mehr entziehen. Mit der Hilfe von Bettys Vater und der Ermittlerin Mary Amos nimmt der hartgesottene „Videogeier“ die Ermittlungen in die eigenen Hände.
Die Gonzo-Krimireihe ist ganz anders als die zahlreichen Krimis und Thriller aus Europa oder den USA. Anders als erwartet handelt es sich bei dem Hauptdarsteller „Gonzo“ Gonschorek nicht etwa um einen Polizisten oder Detektiv, sondern einen Mann der freien Medien - einen selbstständigen Kameramann. Während es die meisten Krimiautoren darauf anlegen, dass ihre heldenhafte Hauptperson von den Lesern positiv aufgefasst wird, haben Karr und Wehner mit voller Absicht einen Antihelden geschaffen. Gonzo ist durch seine Arbeit als selbstständiger Kameramann sowie das harte Alltagsgeschäft geprägt und alles andere als ein netter Zeitgenosse. Er ist unfreundlich, skrupellos bei seiner Arbeit und immer auf möglichst gewinnbringende Storys aus. Sein Mitwirken bei den einzelnen Kriminalfällen ist mehr oder weniger zufällig, da er mal wieder, dank seines Polizeifunks, als Erster vor Ort war oder die Ausmaße einer interessanten Geschichte nicht erahnen konnte. Trotzdem wird einem dieser eher unfreundliche Zeitgenosse nach und nach sympathisch, da er mit Ehrgeiz bei der Sache ist und sich durch nichts und niemanden von einem interessanten Fall lösen lässt.
Inhaltlich entpuppen sich die vier einzelnen Fälle als spannend und komplex... leider manchmal auch zu komplex. Es ist nicht immer leicht die verschiedenen Ereignisse in Zusammenhang zu bringen, sodass sich das große Ganze gar nicht oder erst ganz zum Ende hin erschließt. Dadurch kann das Lesen zeitweise auch langweilig und frustrierend werden. Wichtig ist auch, dass die Bücher unbedingt in der richtigen Reihenfolge gelesen werden sollten, da es keine Rückblenden gibt, um in vergangenes Geschehen einzuweisen. Vor allem bei der Vielzahl von handelden Figuren dürften sich für den Leser sonst Verständnisschwierigkeiten ergeben. (Die Reihenfolge entspricht der Reihenfolge der Monate: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.) Der Schreibstil der beiden Autoren ist jedoch angenehm und gut verständlich. Obwohl die recht harte Ausdrucksweise zunächst der Gewöhnung bedarf, ist es gleichzeitig auch eine erfrischende Abwechslung, dass Karr und Wehner kein Blatt vor den Mund nehmen. Auch die schmutzigen und hässlichen Seiten des Lebens werden nicht ausgelassen. Schade ist nur, dass mir in den Büchern immer wieder Rechtschreibfehler aufgefallen sind, die von den Lektoren nicht verbessert wurden.
Passend zu der harten Sprache und den dreckigen, brutalen Schilderungen ist auch das Cover der Bücher gestaltet. Ein schlichter, weißer Hintergrund wird durch die vier Tiere der Buchtitel (Geier, Ratte, Huhn und Bulle) sowie Blutflecken geziert. Die Titel der Bücher erschließen sich nicht immer ganz, aber heben sich durch ihre Kreativität von den zahlreichen anderen Krimis und Thrillern deutlich ab.
Alles in allem handelt es sich bei der Gonzo-Krimireihe um eine preisgekrönte Buchreihe, die jedoch nicht jedermanns Geschmack trifft. Wer allerdings auf einen ungewöhnlichen Hauptcharakter, unverblümte Sprache und komplexes Erzählen steht, wird mit diesen Büchern viele spannende Stunden verbringen. Für Jugendliche unter 18 halte ich die Reihe jedoch für komplett ungeeignet, da die Autoren auch Gewalt- und Sexszenen in allen Details schildern.
Zusammengefasst: Vier gute Bücher, vier spannende und komplexe Fälle, zahlreiche Intrigen, etwas Sex, einige Leichen und ein recht kleiner Preis.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ThL-unibi.
Veröffentlicht am 01.10.2015

Weitere Rezensionen zu Büchern von Karr, H.P.

Karr, H.P.; Wehner, Walter

Feuerspiele

Weiterlesen

Weitere Rezensionen zu Büchern von Wehner, Walter

Karr, H.P.; Wehner, Walter

Feuerspiele

Weiterlesen
Karr, Hanns-Peter; Wehner, Walter

Straße frei

Weiterlesen