Goethe - Die ganze Wahrheit

Autor*in
MOSER, CHRISTIAN
ISBN
978-3-551-78647-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Moser, Christian
Seitenanzahl
144
Verlag
Carlsen
Gattung
Biografie
Ort
Hamburg
Jahr
2007
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
12,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Goethes Leben und Werk - so wie Mephisto, der “Unterteufel” aus dem “Faust”, es gesehen und miterlebt hätte. Gegliedert in die wichtigen Perioden wird das Leben des Geheimrats abwechselnd als illustrierte “Biografie” und Comic präsentiert.

Beurteilungstext

Der Dichterfürst, die “höchste Instanz der deutschen Kultur” als Comicfigur, als Protegé des unheiligen Mephisto? Ist das nicht beinahe Gotteslästerung? Darf man das überhaupt? Andererseits: Wer will denn, ohne selbst Philologe oder Dichter zu sein, tiefschürfende Betrachtungen über biografische Entwicklungen und die Werkgeschichte lesen? Und das vielleicht noch in jugendlichem Alter? Kaum vorstellbar.
Insofern hat dieses Büchlein sehr wohl einen Sinn, stellt ein Vehikel dar, um sachlich meist völlig korrekte Informationen aus dem Leben Goethes auch sonst an Klassikern eher uninteressiertes Publikum zu vermitteln. Von “Dürfen” oder “Nichtdürfen” sollte auch gar keine Rede sein.
Aber was soll das nun sein: Infotainment, Lächerlichmachung, Majestätsbeleidigung? Was will der Autor selbst? Er versteckt sich ja hinter dem angeblichen “Zeitgenossen” Mephisto und dessen Wahrnehmung, schildert zwar in korrekten zeitlichen Abläufen, aber doch aus einem sehr “unfachlichen” Blickwinkel, mit einer Einfärbung, die das Dichtergenie zum eitlen, engstirnigen, jeden Frauenrock verfolgenden Schwächling stempelt, im Zweifelsfall stets eher bereit, sein Heil in der Flucht zu suchen als in klarer Stellungnahme. Wenn man aber diese sicher sehr übertriebene Darstellung mit heutigen Forschungsergebnissen vergleicht, stellt man fest, dass die Einschätzung gar nicht so weit von der Wirklichkeit entfernt scheint, so weit sich “objektiv” etwas über die historische Persönlichkeit Goethes sagen lässt über seine - geschönten - Selbstzeugnisse hinaus.
Und eines wird Johann Wolfgang im Laufe der Lektüre auf jeden Fall: ein Mensch wie jeder andere, mit Schwächen, aber auch mit Qualitäten, nicht nur auf literarischem Gebiet. Und immer, wenn die flotte Schreibe zu dick aufzutragen droht, setzt Moser Fußnoten, die den Bodenkontakt wieder herstellen.
Wer also dieses “Geheime Tagebuch des Mephisto” mit ein wenig Distanz und Verstand liest, erfährt ungeheuer viel an sachlicher Information, Hintergründen und privaten Entwicklungen Goethes und hat auch noch Kurzweil und Spaß dabei. Das ist für eine historische Biografie schon viel. Man sollte allerdings berücksichtigen, dass eine leichte Gefahr besteht, dass unkundige Leser die Vermenschlichung eines Denkmals mit Missachtung verwechseln könnten - das wäre nicht nur falsch, sondern auch nicht im Sinne des Autors.
Bleibt ein Blick auf die zahlreichen Illustrationen und Comicteile, ebenfalls vom Autor. Diese gefallen durch sicheren Strich, frische Farbgebung und anschauliche Schilderung (manchmal richtig deftig und explizit!) ebenso wie durch ihren zwar einerseits comictypischen, aber dennoch charakteristischen und persönlichen Stil. Vieles wird erst richtig verständlich durch die optische Umsetzung, immer aber ist das Bildmaterial unterhaltsam und für den Fortgang unterstützend. Sehr schön!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von bh.
Veröffentlicht am 01.01.2010