Gedicht für einen Goldfisch

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Teaser

Arthur muss für seinen Langeweile-kranken Goldfisch Leo ein Gedicht als Medizin finden. Da er nicht weiß, was ein Gedicht ist, sucht er in der Wohnung bei den Nudeln und im Staub, fragt die Nachbarn, die Großeltern, auch den Kanarienvogel. So erhält er viele individuelle Antworten, die er schließlich Leo präsentiert, indem er sie unwissentlich zu einem gereimten Gedicht zusammenfügt. Und zum ersten Mal sprechen die beiden miteinander.

Beurteilungstext

Eine Mutter, die lächelnd Gedichte als Medizin für den gelangweilten Goldfisch verordnet und dann zum Tubakurs muss, der, wie die Illustration zeigt, unter freiem Himmel mit wegfliegenden Notenblättern stattfindet! Liebevolle, individuelle Erwachsene in der Familie und in der Nachbarschaft gibt es in der Welt des kleinen Arthur, die sich bemühen, ihm bei seiner Suche zu helfen, passend illustriert in warmen, kräftigen Farben. Entsprechend kreativ, persönlich und vielfältig sind die Antworten, die die Wirkung eines Gedichtes in lebendigen Sinneseindrücken voller eigener Poesie erfahrbar machen. Da ist das Gedicht einmal wie frisches Brot nach Meinung der Bäckersfrau oder bewirkt, wie Mahmud, der aus der Wüste kommt, bemerkt, dass man das Herz der Steine schlagen hört.
Das Wesen der Lyrik und ihr Potential für Menschen wird hier auf ungewohnte Art und Weise erfasst, bis hin zu richtiggehend poetologischen Fragen, die der Schluss aufwirft: Können Gedichte nur Dichter machen? Wer kann ein Dichter sein? Ist Schweigen auch ein Gedicht? Wird man nicht viel häufiger und leichter unbeabsichtigt zum Dichter als man selbst glaubt?

Dies weist jedoch zugleich leider auf eine zentrale Problematik dieses Bilderbuches hin. Denn auch wenn die einzelnen Aussagen wohl jeden Lyrikunterricht von der ersten bis zur dreizehnten Klasse und jeden erwachsenen Lyrikliebhaber bereichern, stellt sich die Frage, an wen sich das Bilderbuch richtet bzw. wer es eigentlich lesen soll. Empfohlen wird es oft ab 4 Jahren. Einerseits übernehmen die Bilder mehrfach in gelungener Weise durchaus in ihren Größenverhältnissen und Blickwinkeln die Perspektive eines etwa vierjährigen Kindes. Ebenso wie die einfache Wort-Auswahl und die kurzen Sätze, wenn aus Arthurs Sicht erzählt wird, sowie die kindliche Erzählhaltung, wenn zum Beispiel Arthur zur Bäckersfrau mit der Zuversicht geht, dass sie ihn möge. Dafür fühlen sich Schulkinder sicherlich zu alt.

Andererseits werden sich die Kindergartenkinder wenig einfühlen können in diese Einführung in die Poesie. Zu Beginn wird mitgefiebert - Angst um den Goldfisch! Doch auf der Suche nach dem Heilmittel Gedicht schafft Arthurs wiederholtes "Ach so? Gut, gut" Distanz, das er auf die ihn verwirrenden poetischen Antworten äußert: Es wirkt eher greisenhaft als kleinkindlich. Und spätestens am Ende könnten sie an ihre Verständnisgrenzen gelangen, wenn Arthur zwar meint, kein Gedicht zu haben, sein Wissen aber vorträgt, Leo trotzdem noch lebt und nicht vor Langeweile stirbt und nun auch noch behauptet, ohne zu sprechen, selbst ein Dichter durch seine Stille zu sein!
Insgesamt also ein Bilderbuch, das kindlichen oder jugendlichen Adressaten nicht gerecht wird und deshalb nur erwachsenen Lesern - Bilderbuchliebhabern oder Lehrern - zu empfehlen ist!