Gangster müssen clever sein: Ein Krimi mit echter Milliardärstochter

Autor*in
Boie, Kirsten
ISBN
978-3-7512-0003-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kehn, Regina
Seitenanzahl
320
Verlag
Oetinger
Gattung
Krimi
Ort
Hamburg
Jahr
2022
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Freizeitlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Im Hause des Milliardärs Ranzmeier wurde eingebrochen und die Spuren scheinen eindeutig auf einen One-Hit-Rockstar hinzuweisen. Aber dann greifen Jamie-Lee und Valentin ein und bringen so doch einiges durcheinander...

Beurteilungstext

Kirsten Boie hat schon einige Kinderkrimis geschrieben. Sie nutzt dabei das Genre, um Kinder in Welten erlebbar zu machen, die oft dem bildungsnahen Milieu ihrer Leser:innen fremd sind. So wird in der Thabo-Reihe nebenbei das Leben im Süden Afrikas sichtbar, in „Entführung mit Jagdleopard“ die Welt Jamie-Lees mit einer überforderten, alleinerziehenden, alkoholkranken Mutter oder in „Der Junge, der Gedanken lesen konnte“ das Leben eines Flüchtlingsjungen. Aus den letzten beiden Büchern werden in dem hier besprochenen Krimi die Figuren zusammengeführt: Valentin und Mesut aus „Der Junge, der Gedanken lesen konnte“ agieren gemeinsam mit Jamie-Lee und Fee aus „Entführung mit Jagdleopard“.

Die Geschichte ist schnell erzählt: In der Villa von Fee wurde eingebrochen und es wurden wertvolle Bilder und Gegenstände gestohlen. Die Polizei findet Indizien, die alle auf den alternden One-Hit-Rockstar B. Rockety Smith hinweisen. Für Valentin, Jamie-Lee, Mesut und Fee zu eindeutig. Daher helfen sie Rockety, sich in einem Schrebergarten zu verstecken und nehmen eigene Ermittlungen auf – das ist aber nicht so einfach. Mehrfach ziehen sie falsche Schlüsse und bringen sich so in Schwierigkeiten. Und als sie schließlich auf die richtigen Täter stoßen – den Chauffeur der Ranzmeiers und ein Komplize -, merken sie das zu spät und werden in einem ausgedienten Toilettenhäuschen eingesperrt. Doch zum Glück findet Jamie-Lees Mutter sie dort und ruft die Polizei, die die Kinder befreit und nun die richtigen Täter festnehmen kann.
Die Krimihandlung an sich ist vielleicht etwas harmlos, gewinnt jedoch dadurch, dass sich die Kinder immer wieder irren und die Ermittlungen der Polizei eher behindern als befördern. Das schafft Spannung, die vor allem dadurch unterstützt wird, dass das Geschehen aus zwei Perspektiven erzählt wird: Als Ich-Erzähler:innen fungieren abwechselnd Valentin und Jamie-Lee, das Erzählte bindet sich wie ein geflochtener Zopf aus diesen Perspektiven zusammen und wird durch die beiden Sichtweisen oft unterschiedlich eingeschätzt. Das ist erzähltechnisch interessant, wobei sich der Erzählton der beiden Erzählstimmen im Laufe des Buches anzupassen scheint. Raffiniert erscheint zunächst auch die Montage der Figuration aus den beiden Vorläuferbüchern. Doch entpuppt sich die Strategie als problematisch: Zu oft und zu viel erzählen Jamie-Lee und Valentin, was sich in den beiden Büchern ereignet hat, zu viele Nebenfiguren aus den beiden Büchern werden hier wieder aufgenommen, eingeführt, kontextualisiert. Das führt am Anfang dazu, dass die eigentliche Handlung nicht so recht in Gang kommt und man ganz schön weit lesen muss, bis das Buch etwas spannender wird.
Es ist zu begrüßen, dass drei der vier Protagonisten in Milieus leben, die Alternativen zu bildungsbürgerlichen Lebenswelten bilden. Was in den beiden Vorläuferbüchern hervorragend als Sozialstudie für Kinder gelingt, wird hier leider deutlich abgeschwächt. So ist in „Entführung mit Jagdleopard“ die Lebenswelt von Jamie-Lee durch und durch prekär und zeigt, wie Kinder trotz äußerst widriger Umstände selbstverständlich kompetent handeln können: Die Mutter ist alkoholkrank und liegt den ganzen Tag betrunken auf dem Sofa; Jamie-Lee muss den Kotzeimer ausräumen, für Ordnung und Essen sorgen. Drastisch werden die Lesenden mit einer Lebenswelt konfrontiert, die für gar nicht so wenige Kinder in Deutschland Wirklichkeit ist. In „Gangster müssen clever sein“ fehlt diese Drastik, denn die Mutter ist nun clean und versucht, eine „gute“ Mutter zu werden. Dadurch fehlt aber auch die Eindrücklichkeit, mit der die prekären Verhältnisse sichtbar gemacht werden.

So bleibt leider in diesem Buch wenig Besonderes übrig: Eine Krimihandlung, die immer wieder durch Erklärungen ausgebremst wird, eine Figuration, die im Vergleich zu den Vorgängerbüchern eher blass ausgestaltet ist und eine Erzählweise, die doch nicht so ganz die Individualität der Erzählstimmen wiedergibt. So mag das Buch zwar bei Kindern, die gern auch dicke Bücher lesen und ein relativ hohes Lesetempo haben, ein paar wohlige Lesestunden ermöglichen, doch leider bleibt das Buch darauf beschränkt. Kirsten Boie hat in vielen anderen Büchern gezeigt, dass sie besser, eindrücklicher und spannender erzählen kann.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 19.10.2022

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