Frühlings Erwachen

Autor*in
Wedekind, Frank
ISBN
978-3-942795-16-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Bergmann, Roberta
Seitenanzahl
92
Verlag
Kunstanstifter
Gattung
Ort
Mannheim
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
24,50 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In der stärksten Pubertätstragödie der deutschen Dramatik, 1906 uraufgeführt, leiden die Schüler unter der Dressur der Schule, unter dem verdrucksten Herumgerede ihrer Eltern über ihr drängendstes Problem: die Sexualität. Der verträumte Moritz begeht Selbstmord, Wendla muss ihr Kind abtreiben lassen und stirbt daran, Melchiors Mutter ist die einzige Erwachsene, die etwas Verständnis für die Jugend hat, sie kann aber nichts gegen die Phalanx von Vätern und Lehrern erreichen.

Beurteilungstext

Das Drama liegt in einer wunderschönen Ausgabe vor, der kunstanstifter verlag ist immer für eine Überraschung gut: Mutig illustriert in kraftvollen Farben, ganz dem Jugendstil und seiner Zeit verpflichtet, erinnern die Illustrationen an die Chromdrucke der vorletzten Jahrhundertwende. Dekor und Strichführung - kraftvolle schwarze Konturen, fast monochrome große Farbflächen - bleiben dem Jugendstil treu. Die freien Zeichnungen verachten Perspektive, Proportionen, Genauigkeiten, die ganzen akademischen Gesetze, an denen auch die 14-jährigen Protagonisten scheitern. So wie auch heute 14-Jährige an der unmenschlichen Ignoranz und Paragrafensucht ihrer Erziehungsanstalt scheitern würden, wäre sie noch so mächtig wie vor gut 100 Jahren. - Der Buchumschlag entpuppt sich als Poster mit dem gesamten Personal des Dramas, der vergrößerten Illustration auf Seite 6/7. Darunter verbirgt sich ein edler Ganzleineneinband. Selbst ein Lesebändchen fehlt nicht.
Im Theater wird das Drama fast immer gekürzt gespielt, das hat seine guten Gründe. Aber als Lektüre ist - nach gewisser Gewöhnung an die Sprache Wedekinds - der ganze Text nicht nur sinnvoll, sondern ermöglicht eine offene Auseinandersetzung mit der Problematik der Protagonisten, damit mit den eigenen, und fordert Reflexionen über Errungenschaften der Zivilgesellschaft heraus. Gleichzeitig werden logischerweise neue Probleme zur Sprache kommen, die an das Eingemachte gehen können, Prüderie und Verlogenheit sind zeitlos, ändern sich lediglich in ihren Äußerungsformen. Für Klassenlektüren ist dieses Drama absolut geeignet, allerdings für Klassen, die miteinander vertraut sein müssen, offen diskutieren können. Auf der Projektion in die Zeit von vor 100 Jahren lässt sich Aktuelles gut reflektieren. Diese illustrierte Ausgabe ist die ideale Ergänzung zur reclam-kladde, es muss ja nicht gleich ein ganzer Klassensatz sein.
Auf der Auswahlliste zum LesePeter.cjh14.05

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010