Flucht

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Teaser

Eine Familie flieht aus einem Land, in dem sie keine Sicherheit, keine Perspektive, keine Überlebensmöglichkeiten mehr hat. Sie flüchtet über das Meer und erreicht tatsächlich das rettende Festland.

Beurteilungstext

Nikolaus Glattauer ist ein renommierter Buchautor, seine Kinderbücher wurden mehrfach ausgezeichnet.
Mit seinem neuen Bilderbuch widmet er sich dem seit einiger Zeit so brisanten Thema der Flüchtlinge.

Die Flucht der Familie wird aus der Sicht einer Katze erzählt. Von wo sie flüchten, bleibt im Ungewissen, spielt aber für das eigentliche Drama auch keine Rolle. In viel zu vielen Ländern entschließen sich gegenwärtig Menschen dazu, ihr Leben aufzugeben in der Hoffnung, irgendwo eine neue Heimat zu finden.
Die Katze heißt E.T., „wie dieser Außerirdische“. Der hat damals ins Weltall telefoniert und es kam ein Raumschiff aus dem All, ihn zu retten.
Aber in der Familie von unserem E.T. gab es nicht mal mehr Strom, um in die Nachbarwohnung zu telefonieren. Und auch kein Wasser, weder für die Hygiene noch als Lebensmittel und auch kein Gas, um zu kochen, oder Benzin für die Autos.
Sie entschließt sich zur Flucht und E.T. zählt sachlich auf, was alles eingepackt wurde. Fast emotionslos berichtet er vom endlosen Warten auf die Boote, für die die Familie den Schleppern ein Vermögen gezahlt hat; davon, dass einer ihrer Nachbarn stolpert und alle über ihn drüber laufen.
Die Familie überlebt die Tour, erreicht das Festland, auch hier erfahren wir nicht, wo genau sie ankommen. Mit ihnen landen viel weniger Boote als ursprünglich gestartet waren.

Die Geschichte wird ohne große erkennbare Emotionen erzählt, fast lakonisch berichtet die Katze rückblickend vom ursprünglichen Leben, von der zunehmenden Verschlechterung, von der Flucht.
Wir erfahren nicht, ob es Krieg in ihrem Land gibt, ob sie persönlich bedroht waren – alles fokussiert sich nur auf ihr unmittelbares Familienleben.
Sie bangen auf der Überfahrt, was sie erwarten wird, wissen, dass sie eine neue Sprache werden lernen müssen, und der Vater hofft: am Anfang werden euch die Menschen mit dem Herzen verstehen.
Beiläufig erfahren wir, dass der Vater Arzt ist, zu Hause Klavier gespielt wurde. Sie hoffen, das alles wieder zu erreichen, ob es ihnen gelingt, erfahren wir nicht.
Aber die Fortsetzung der Geschichte kann man sich aus den täglichen Nachrichten ableiten.

Die Zeichnungen von Verena Hochleitner sind ebenso zurückhaltend wie der Text: klare Bilder, zurückhaltende Pastellfarben, dennoch sehr ausdrucksstark und beeindruckend in ihrer Zartheit.
Der Verlag hat als Zielgruppe die Fünf- bis Siebenjährigen im Blick. Aber obwohl sich der Text und auch die Zeichnungen mit Dramatik zurückhalten, kann es doch tiefe Emotionen und Ängste auslösen, man kann die Kinder mit diesem Buch nicht allein lassen.
Zumal die Aussage des Autors, bei dem Millionen Menschen aus Europa nach Afrika flüchten – wahrscheinlich symbolisch gemeint in dem Sinn: Es kann uns alle treffen! – für Kinder in diesem Alter noch nicht fassbar ist.
Trotzdem ist es ein Buch, das Kinder mit den aktuellen politischen Problemen konfrontiert, die ja allmählich auch im Alltag, in den Kindergärten, Schulen und auf den Straßen nicht mehr zu übersehen sind.